Zum zehnten Mal wurde der Comicbuchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung vergeben. Aus der deutschsprachigen Comicszene ist der Preis nicht mehr wegzudenken, weil er Zeichnerinnen und Zeichner eine Sichtbarkeit verschafft, die sie sonst nicht haben.

Stadtleben/Stadtkultur: Jan Sellner (jse)

Erzählte man die Geschichte des Comicbuchpreises der Berthold-Leibinger-Stiftung selbst als Comic, dann wäre das die Bildergeschichte eines kleinen Pflänzchens, das sich im Verlauf von zehn Jahren zu einer Attraktion entwickelt hat, heute in voller Blüte steht und auch über die Landesgrenzen hinaus bestaunt wird. In Zahlen ausgedrückt liest sich die Geschichte des Comicbuchpreises so: 10 Preisträger, 100 Finalisten und ebensoviele geförderte Comics.

 

„Kein Comicpreis in Deutschland ist so gut dotiert und keiner hat eine vergleichbare Wirkung entfaltet“, schreibt der Juryvorsitzende und Literaturchef der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“, Andreas Platthaus, in einem Vorwort zur Jubiläumsbroschüre, die alle Preisträger und Finalisten der vergangenen zehn Jahre aufführt und die große Bandbreite deutschsprachiger Comicarbeiten dokumentiert. Knapp 50 000 Euro an Preisgeldern schüttet die Berthold-Leibinger-Stiftung jährlich für diesen Wettbewerb aus, davon 25 000 Euro für den Hauptpreis.

Gruppenbild mit den Preisträgern aus zehn Jahren Comicbuchpreis der Berthold-Leibinger-Stiftung und Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller Foto: Tobias Funk

Am Montagabend wurde diese Erfolgsgeschichte bei einer Jubiläumsfeier im Hospitalhof und einem anschließenden Empfang im Literaturhaus standesgemäß, also bilderreich, aufgeblättert – etwa in Form von kurzen Lesungen aus den bisherigen Gewinnertiteln. Sie bildeten zugleich den Rahmen für die Verleihung des Comicbuchpreise 2024 an den Österreicher Franz Suess. In seinem noch unvollendeten Comic „Jakob Neyder“ erzählt er nach Meinung der Jury „die virtuos gezeichnete Geschichte eines Mannes, der Schuld auf sich geladen hat, und wie er damit um- und untergeht“. Suess, der bereits zweimal Finalist war, bleibe den sozialen Außenseitern treu, deren Probleme sie jedoch mitten in die Gesellschaft stellten. „Kein anderer deutschsprachiger Comicautor baut derzeit so konsequent an einem Gefüge aus Einzelschicksalen, die sich zum Porträt einer Klasse fügen“, betonte Platthaus.

Preisträger Suess kam erst spät zum Comic

Suess, Jahrgang 1961, ist ein Späterberufener des Comic-Genres. Er studierte Malerei und Grafik und Linz und unterrichtete grafisches Gestalten, ehe er durch Illustrationen für ein Kinderbuch die Welt der Bildergeschichten für sich entdeckte – und sich ihr nun mit Leidenschaft widmet. Der Comicbuchpreis tut ein übriges. „Ich habe noch nie mit soviel Liebe und Leichtigkeit gezeichnet“, beschrieb Suess seine Reaktion auf die Auszeichnung. Im Gespräch betonte er den Stellenwert, den der 2015 gestiftete Preis inzwischen habe. Seine Bedeutung liege vor allem darin, die Zeichnerinnen und Zeichner in der Öffentlichkeit sichtbar zu machen.

Preisträger Franz Suess Foto: www.imago-images.de/IMAGO

Wie groß das Bedürfnis danach ist, zeigt sich auch in den immer zahlreicher werdenden Einsendungen. 152 Comics waren es in diesem Jahr. Eine wachsende Zahl von Studierenden und Autoren entdeckten das Potenzial dieser Erzählform für sich, erklärte Platthaus – „auch wenn in keiner anderen Kunstbranche so wenig zu verdienen ist, wie in dieser. Da ist jede Förderung ein Segen.“

Zehn Jahre Comicbuchpreis

Infos
Anlässlich von zehn Jahre Comicbuchpreis hat die Berthold-Leibinger Stiftung einen Film produziert, der auf dem Youtube-Kanal der Stiftung zu sehen ist:

https://www.youtube.com/watch?v=2hWakvO9r1E

(https://work-in-vr.org/Fjv9Y9A/) sowie eine Broschüre mit allen bisherigen Preisträgerinnen und Preisträger: https://www.leibinger-stiftung.de/presse-und-medien