Vor dem Heimauftakt in der Bundesliga an diesem Mittwoch (19 Uhr) gegen Wiesbaden spricht die Spielführerin Kim Renkema über ihre Ziele und die Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart.

Sport: Joachim Klumpp (ump)
Stuttgart – - Nach der 1:3-Niederlage in Schwerin absolvieren die Bundesliga-Volleyballerinnen von Allianz MTV Stuttgart an diesem Mittwoch (19 Uhr) ihre Heimpremiere gegen Wiesbaden – mit hohen Zielen. „Wir haben unheimlich viel Talent und Erfahrung dazubekommen“, sagt die Kapitänin Kim Renkema.
Frau Renkema, vergangene Saison Pokalsieger und Vizemeister – fehlt eigentlich nur noch der Titel. Was spricht dagegen?
Das wäre natürlich super – ist aber am Anfang der Saison immer schwer vorherzusagen. Ich bin sicher, dass wir erneut eine starke Mannschaft haben, vielleicht sogar die beste aller Zeiten. Und ganz klar: wir haben wieder hohe Ziele.
Inwieweit war die 1:3-Niederlage zum Auftakt in Schwerin da ein Rückschlag?
Schwerin war ein typisches Auftaktspiel, mit zu vielen Fehlern. Wir müssen jetzt einfach hart trainieren und gegen Wiesbaden unser schnelles Spiel durchziehen – dann können wir gegen jede Mannschaft gewinnen.
Sie haben etliche Neuzugänge. Ist das nicht nur numerisch eine Verstärkung, sondern auch von der Qualität her?
Das denke ich auf jeden Fall. Wir haben unheimlich viel Talent und Erfahrung dazubekommen. Vier Spielerinnen waren vor Kurzem noch bei der EM dabei. Deshalb gehe ich davon aus, dass wir noch besser als letzte Saison sind. Wie es dann im Endeffekt aussieht, muss man immer abwarten.
Stichwort EM, Sie waren nicht dabei, warum?
Ich war eingeladen und hatte mit der Nationalmannschaft auch die Vorbereitung begonnen. Aber nach einer Operation zum Ende der Saison gab es Komplikationen, so dass ich mit dem Training aufhören musste. Meine Priorität lag auf Stuttgart, deshalb habe ich mich entscheiden, hier meine Reha zu machen – um dann rechtzeitig fit zu sein für die neue Saison.
War das nur eine Auszeit 2015 oder der Rücktritt aus der Nationalmannschaft?
Das kann ich nicht definitiv sagen, darüber muss ich noch nachdenken.
Etliche Spielerinnen haben weite Strecken der Vorbereitung gefehlt. Ist das ein Nachteil, speziell jetzt zum Saisonbeginn?
Der einzige Nachteil ist, dass wir nicht viel Zeit gehabt haben, zusammen zu arbeiten. Aber ich war sehr überrascht von unserem letzten Vorbereitungsspiel, bei dem elf Spielerinnen erst seit drei Tagen da waren und wir schon eine unheimlich gute Figur auf dem Feld abgegeben haben. Es geht Dresden und Schwerin nicht anders, die ebenfalls viele Nationalspielerinnen haben. Mein Gefühl ist jedenfalls gut.
Trotz der Doppelbelastung mit der Champions League – ist das kein Nachteil?
Wir haben zum Glück einen großen Kader mit vielen gleichwertigen Spielerinnen, so dass wir diese Saison auch richtig wechseln können. Es ist natürlich eine neue Erfahrung für uns, und wir müssen erst einmal sehen, was uns erwartet, aber ich glaube nicht, dass es sich negativ auswirkt.
Der Trainers wird’s schon richten. Guillermo Hernandez gilt ja als Vater des Erfolgs. Kann man sagen, was ihn auszeichnet aus Sicht der Spielerinnen?
Er war selbst Spieler und kann so einschätzen, was wir brauchen. Er analysiert sehr gut und studiert die Gegner hervorragend. So haben wir immer einen exakten Matchplan und eine genaue Rollenverteilung.
Als Spanier ist er auch sehr temperamentvoll. Die Schiedsrichter hatten damit vergangene Saison ab und zu ihr Problem – die Spielerinnen auch?
Nein. Ich persönlich finde es besser, wenn jemand an der Seitenlinie Emotionen zeigt. Generell haben ja viele Trainer Probleme mit den Schiedsrichtern, aber für uns ist das kein Thema.
Sie haben jetzt auch drei junge Spielerinnen im Kader dabei. Sind das nur Lückenfüllerinnen oder welche Rolle fällt ihnen zu?
Die helfen uns schon sehr gut, gerade auch zuletzt in der Vorbereitung, als viele andere Spielerinnen weg waren. Die haben jetzt die Möglichkeit, im Kader zu wachsen und besser zu werden, damit sie den Sprung in die erste Liga schaffen. Ich finde das super und sehe es nur positiv, dass sie dabei sind.
Und kann man die drei in der Bundesliga schon ins kalte Wasser werfen?
Es gibt sicher Spiele, in denen sie reinkommen und Erfahrung sammeln. Ich hoffe jedenfalls, dass sie die Chance dazu bekommen.
Über den Pokal haben wir noch gar nicht gesprochen. Als Sieger will man den Titel immer gerne verteidigen. Ist es ein besonderer Anreiz, dass das Finale erstmals in Mannheim ausgetragen wird?
Der Pokal ist für jede Mannschaft ein Ziel, weil er im Volleyball einen unheimlichen Stellenwert besitzt. Deshalb wollen wir unbedingt wieder ins Endspiel, auch wenn das kein einfacher Weg wird. Aber dann würden sicher auch mehr Fans aus Stuttgart kommen, weil Mannheim doch nicht so weit weg ist wie Halle in diesem Jahr.
Apropos Zuschauer: kann man sagen, dass die Atmosphäre in der Scharrena für deutsche Verhältnisse etwas besonderes ist?
Das finde ich schon. Die Halle war zuletzt immer voll, mit einer unheimlichen Stimmung. Es gibt nicht viele Bundesligavereine, wo eine solche Atmosphäre herrscht.
Wenn in Stuttgart alles so toll ist, wäre es für Sie nach Ihrer Karriere nicht reizvoll, hier etwas im Management zu machen, nachdem der Geschäftsführer Bernhard Lobmüller schon lange Verstärkung sucht?
Das könnte ich mir sehr gut vorstellen. Ich weiß nicht, wie lange ich noch spiele, ich habe schon noch ein paar Jahre vor mir, aber mein Plan ist auch, in Stuttgart zu bleiben. Das würde also passen.
Allianz MTV Stuttgart hat gleich drei Niederländerinnen im Kader. Wie groß sitzt bei den Volleyballerinnen der Frust, dass die Fußballer nicht zur EM fahren?
Irgendwo ist das schade, weil man während einer EM immer das eigene Land anfeuert. Und ohne Holland wird es natürlich ein wenig langweilig. Aber ich finde auch, dass sie es nicht verdient haben, so wie sie gespielt haben. Sorry, aber das ist der Sport.