Seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine besteht die Sorge, Russland könnte auch Chemiewaffen einsetzen. Nun werfen die USA Moskau vor, das Giftgas Chlorpikrin gegen ukrainische Streitkräfte eingesetzt zu haben.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Die USA haben Russland den Einsatz einer Chemiewaffe in der Ukraine vorgeworfen. Russland habe „die chemische Waffe Chlorpikrin gegen ukrainische Streitkräfte“ unter Verletzung der Chemiewaffenkonvention eingesetzt, erklärte das US-Außenministerium. Russland habe außerdem Reizstoffe als Mittel der Kriegsführung in der Ukraine verwendet. Dabei handele es sich ebenfalls um einen Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention.

 

Einsatz gegen befestigte Stellungen der Ukrainer?

Der Einsatz solcher Chemikalien sei kein Einzelfall. Die russischen Truppen wollten damit vermutlich die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Positionen verdrängen und taktische Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielen, so das US-Außenministerium weiter. Russland hat erklärt, kein militärisches Chemiearsenal mehr zu besitzen. Das Land steht jedoch unter Druck, mehr Transparenz über den Russland vorgeworfenen Einsatz von giftigen Waffen zu schaffen.

Der US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health (NIH) zufolge wird Chlorpikrin als Kampfstoff und als Pestizid eingesetzt. Beim Einatmen besteht demnach ein Gesundheitsrisiko.

Einsatz von Giftgas in Kriegen

Der Einsatz von Giftgas im Ersten Weltkrieg läutete die Ära moderner Massenvernichtungswaffen ein. Ein Überblick über die meistbenutzten Kampfstoffe:

  • Chlorgas (chemisch Cl2): Das eingeatmete Gift greift Atemwege und Lunge an, führt zu Atemnot und schließlich zum qualvollen Tod. Wegen der Geschosse mit grüner Markierung wurde es auch Grünkreuz genannt.
  • Phosgen (COCl2): Der Stoff zersetzt sich mit Wasser in Kohlendioxid und Salzsäure. Die Lunge wird angegriffen. Es kommt zu Ödemen, Atemnot und Tod.
  • Senfgas/Lost (C4H8Cl2S): In erster Linie ist es ein Hautgift. Die im Krieg auch Gelbkreuz genannte Substanz verätzt Schleimhäute, Augen und Atemwege. Auch neurologische Störungen sind möglich.
  • Chlorpikrin (CCl3NO2): Chlorpikrin (Trichlornitromethan) ist eine bei Raumtemperatur leicht flüchtige Flüssigkeit mit stark reizendem, stechendem Geruch. Die Chemikalie hat ätzende Wirkung auf Augen und Haut. Als Reizgas kann sie Atemwege und Lunge schwer schädigen. Er wurde im Ersten Weltkrieg wegen der Geschosse mit grüner Markierung unter der Bezeichnung „Grünkreuz-1“ Mitte 1916 zum ersten Mal eingesetzt.
  • Buntkreuz: Der Name steht für ein Gemisch von mehreren toxischen Stoffen, etwa Chlor und Phosgen oder Chlor und Chlorpikrin.