Valeri Belenki wird am Samstag in Oklahoma City als sechster Deutscher in die „International Gymnastics Hall of Fame“ – die Ruhmeshalle des Turnens – aufgenommen.

Sport: Gerhard Pfisterer (ggp)

Stuttgart - Heutzutage machen es alle. Für den besseren Halt am Barren benutzen Turner nicht nur Magnesia, sondern mischen es mit Honig. Die Idee dazu stammt von Valeri Belenki – anfangs musste er sich deswegen aber ganz schön was anhören. Es brachte dem heutigen Cheftrainer des Stuttgarter Kunstturnforums gehörigen Ärger mit jemand ein, mit dem man sich besser nicht anlegte: dem gnadenlos strengen sowjetischen Nationaltrainer Leonid Arkajew. „Er sagte: ,Hallo junger Mann, was machst du da? Das ganze Land hat nichts zu essen, und du präparierst den Barren mit Honig“, sagt der 45-Jährige im Rückblick. „Danach musste ich es heimlich machen.“

 

Ende April erst hat der Olympiadritte von 1992 den Verdienstorden des Landes Baden-Württemberg erhalten. Und jetzt kommt gleich noch eine große Auszeichnung dazu. Am Samstag wird der 1994 eingebürgerte Belenki in Oklahoma City als sechster Deutscher in die „International Gymnastics Hall of Fame“ – die Ruhmeshalle des Turnens – aufgenommen. „Das ist schon was“, sagt der gebürtige Aserbaidschaner, dessen Großvater mütterlicherseits Deutscher war.

Verliebt in Stuttgart

Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zog er 1993 ins Schwabenland. Mit ihm begann der Aufstieg des Stuttgarter Turnens in die Weltklasse. „Ich habe mich gleich verliebt in Stuttgart, als ich 1988 erstmals hier turnte. Die Weinberge, die deutsche Kultur, das deutsche Essen, wie man miteinander umgeht, das hat mich fasziniert“, sagt Valeri Belenki.

Mit seiner Frau Yevgenia und dem dreieinhalbjährigen Sohn Alexander lebt er in Ostfildern in einer Eigentumswohnung. Wie ein Urschwabe legt er Wert auf Sauberkeit, Pünktlichkeit sowie Verlässlichkeit und ist ein ausgewiesener Schaffer: „Garantien gibt’s im Leben nicht. Wenn du jemand werden willst, musst du mehr machen, als auf dem Plan steht – ein Urlaubsmensch bin ich sowieso nicht.“

Er hat es sogar geschafft, es Robert Baur immer recht zu machen – was etwas heißen will. Kurz vor seinem Abschied sagte der anspruchsvolle Ex-Geschäftsführer des Schwäbischen Turnerbundes (STB) einmal: „Valeri ist ein Segen, er kann einfach mit den Leuten umgehen.“ Das ist die besondere Gabe des allseits beliebten Valeri Vladimirovich Belenki. Er hat zu seinen herausragenden fachlichen Qualitäten ein feines Gespür für die Befindlichkeiten anderer und kann sie motivieren. Er vermag das dank seiner humorvollen Art ganz locker zu machen – oder halt auch mal auf die harte Tour. „Zähne zeigen“, nennt er das: „Das ist Arbeit mit Menschen, jeder ist anders, du musst zu jedem den Schlüssel finden.“

Gesellenstück mit Krimmer, Meisterstück mit Nguyen

Da ihm das zumeist gelingt, hat er sich vom Weltklasseturner auch zum Weltklassetrainer entwickelt. „Er hat das, was man Persönlichkeit nennt“, sagt der STB-Spitzensportchef Michael Breuning. Mit Sebastian Krimmer, den Valeri Belenki als Elfjährigen unter seine Fittiche nahm und zum Nationalturner formte, machte er sein Gesellenstück. Und mit Marcel Nguyen lieferte er sein Meisterstück ab. Den Hochtalentierten führte er zu Silber im Mehrkampf und am Barren bei den Olympischen Spielen 2012 in London. „Als ich Marcel erstmals turnen gesehen habe, habe ich gesagt: ,Wenn ich mal so einen Athleten habe, würde ich garantieren: mit dem mache ich eine Medaille‘“, sagt Valeri Belenki. Gesagt, getan. Mission erfüllt.

Trotzdem ist ein Weggang aus Stuttgart kein Thema, obwohl ihm eine Offerte aus seiner Geburtsstadt Baku vorliegt und dort bei der Sportförderung zurzeit die Kosten keine Rolle spielen. „Ich habe damals 4000 Dollar für meine zwei Olympiamedaillen bekommen. Jetzt gibt es in Russland 100 000 für einen Olympiasieg und in Aserbaidschan sogar eine Million“, sagt Valeri Belenki. „Das Jobangebot steht, das sage ich ganz offen – aber ich habe hier noch etwas vor. Wechseln kann man schnell, aber Geld ist nicht alles.“ Und einen Platz in der Ruhmeshalle des Turnens hat er ja schon jetzt sicher.