Bei der „kleinen Schwester“ des Volksfestes gibt es immer mehr Vip-Partys. Auf dem Frühlingsfest feiern Wirt Marcel Benz und Verlegerin Kirsi Wilhelm mit 260 geladenen Gästen. Viele treibt eine Frage um: Sollte die Tierrechtsorganisation bestraft werden?

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Ein Plakat der Peta-Aktivistinnen, die bei der Eröffnung des Frühlingsfestes am Samstag den Fassanstich störten, hat Martin Alber, dem Chef von Stuttgarter Hofbräu, gut gefallen, wie er zugibt. „Bier statt Tier“, stand da drauf. Je mehr Bier, desto besser, lautet aus nahe liegenden Gründen seine Devise.

 

Was Stadtpromis vom Volksfest kennen, erleben sie nun immer öfter beim Frühlingsfest: Sie werden in die Zeltlogen eingeladen, um Werbung zum Wohle des Wasens zu machen und um ihr (manchmal wirklich prominentes) Gesicht zu zeigen, auf dass dies fürs Image des Spektakels am Neckarstrand gut ist. „Topmagazin“-Verlegerin Kirsi Wilhelm und Festwirt Marcel Benz haben zu den 260 Vips von Stuttgart am Sonntagmittag auch deren Kinder eingeladen. Ein beherrschendes Thema auch hier: der Protest der Tierrechtsorganisation Peta gegen die Göckeles bei Göckelesmaier, wo die Eröffnung diesmal stattfand.

Die Meinungen über die Aktion gehen weit auseinander und pendeln zwischen Verärgerung und Verständnis. Eine Frage wird nun eifrig diskutiert: Ist es richtig, dass die Polizei nun gegen die Demonstrantin ermittelt, der es gelungen ist, die Bühne zu betreten? Dieser jungen Frau wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Es könnte also zu einer Strafanzeige kommen. Ihre Mitstreiterinnen, die unten vor der Bühne standen, sollen hingegen nicht belangt werden.

Christoph Sonntag bezeichnet Fleischverzicht als wichtig fürs Klima

„Proteste gehören zur Demokratie“, findet Kabarettist Christoph Sonntag, einer der Gäste der Promiparty. Auf eine Strafanzeige sollte man in diesem Fall verzichten, fordert er. Seine Tochter ernähre sich vegan, und mit ihr sei er sich in etlichen familiären Diskussionen einig, dass Fleischverzicht zur Verbesserung des Klima beitragen könne.

Marcus Christen, Abteilungsleiter bei der Veranstaltungsgesellschaft in.Stuttgart, ist selbst Vegetarier. Er war beim Fassanstich eingeschritten. Die „Bild“-Zeitung schrieb deshalb, er habe sich mit Peta-Aktivisten „gekloppt“. Dies stimme aber gar nicht, stellt der Wasenbeauftragte klar, er habe nur versucht, ihnen die Plakate zu entreißen. Ein anderer Gast in der Grandl-Loge lacht und sagt: „Eigentlich hätte ,Bild’ titeln müssen: Vegetarier verprügelt Veganerin.“

Bei Göckelesmaier gibt es Gerichte vom veganen Restaurant vhy!

„Die Aktion war nicht so toll“, sagt Christen beim Fest des „Top-Magazins“. Gerade im Zelt von Göckelesmaier sei das vegane Angebot sehr groß. Hier gibt es unter anderem Speisen des veganen Restaurants vhy! des früheren Fußball-Profis Timo Hildebrand und des Künstlers Tim Bengel. Es stimme nicht, dass in.Stuttgart eine Anzeige bei der Polizei gestellt habe, erklärt Christen: „Das können wir auch gar nicht, wir sind nicht die Hausherren im Zelt.“

Moderator Jens Zimmermann, der gerade den Fassanstich von Bürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) intonieren wollte, sagt, er habe gar nicht mitbekommen, wie die Peta-Aktivistinnen plötzlich auf ihn zukamen. Klar sei ihm gewesen, ruhig zu bleiben und zu versuchen, den Konflikt friedlich zu lösen.

„Ich hab der Demonstrantin den Arm auf die Schulter gelegt und ihr gesagt, jetzt zählen wir auf drei, solange halten Sie das Plakat hoch, dann gehen Sie“, berichtet er danach. In so einem Fall hart durchzugreifen sei nicht sein Ding. Zimmerman, der auf der Liste der Grünen für den Gemeinderat kandidiert, sagt mit einem Augenzwinkern: Dies würde im Kommunalkampf nicht so gut ankommen.

Landwirtschaftsminister Peter Hauk ehrt den Festwirt Marcel Benz

Bei der Vip-Feier des „Top Magazins“ serviert Marcel Benz, der nur noch in diesem Jahr sein Zelt nach Vorgänger Grandl benennt, wechselnde schwäbische Gerichte in Tapas-Größe. Landwirtschaftsminister Peter Hauk hat Benz als erstem Festzelt auf dem Stuttgarter Frühlingsfest die Zwei-Löwen-Auszeichnung von „Schmeck den Süden“-Genuss verliehen. „Damit hat die Festzeltkultur einen neuen Meilenstein erreicht“, betont der CDU-Politiker.

Brunnenwirt der Altstadt goes Wasen

Grandls Hofbräu-Zelt werde mit regionalen Produkten, mit Frische und Qualität zum „Vorreiter einer ganzen Brache“, erklärt Minister Hauk. Ob das Zelt künftig „Bei Benz“ heißt, steht noch nicht fest. Eines aber verrät Festwirt Marcel Benz bei der Logenparty schon mal: Der Brunnenwirt von der Altstadt werde sein Partner im Zelt. Im nächsten Jahr gebe es also bei ihm „die beste Currywurst der Stadt“.