Das Böblinger Schöffengericht hat einen 35-Jährigen vom Vorwurf des schweren Bandendiebstahls freigesprochen. Ihm war die Beteiligung an neun Einbrüchen und Diebstählen nicht nachzuweisen. Ein Waisenknabe ist er aber nicht.

Sindelfingen - An den Ermittlungen der Polizei hat es nicht gelegen, dass das Böblinger Schöffengericht einen 35-Jährigen am Mittwoch nicht wegen schweren Bandendiebstahls verurteilte. Das machte der Vorsitzende Richter Werner Kömpf in seiner Urteilsbegründung klar: „Die Akte war gut bearbeitet, hat aber nicht ausgereicht.“ Dem Angeklagten sei die Beteiligung an neun Firmeneinbrüchen und Fahrzeugdiebstählen in den Kreisen Böblingen, Esslingen, Rems-Murr, Ostalb und Reutlingen nicht nachzuweisen gewesen. „Er ist aus tatsächlichen Gründen freizusprechen“, sagte Kömpf und schloss sich mit der Entscheidung den Plädoyers von Staatsanwaltschaft und Verteidigung an.

 

Damit ist der Wunsch des Angeklagten nach einem „gerechten“ Verfahren in Erfüllung gegangen. Wiederholt war der 35-Jährige zu Prozessbeginn aufgestanden und wollte etwas zu den Vorwürfen sagen, obwohl er noch gar nicht an der Reihe war: „Ich muss etwas sagen“, platzte es aus ihm heraus. Als es soweit war, redete er ohne Punkt und Komma, sodass die Dolmetscherin kaum mit dem Übersetzen hinterherkam. „Ich bin ein Straftäter“, beschrieb sich der 35-Jährige. Aber mit den neun nun verhandelten Taten „habe ich überhaupt nichts zu tun“, bestritt er vehement seine Beteiligung. Die Vergehen im Raum Wiesbaden, für die er bereits verurteilt wurde, und die in Limburg begangenen hatte er gestanden.

In Sindelfingen einen Audi gestohlen

Zur Tatzeit im Frühjahr 2010 hatte sich der Osteuropäer allerdings in Baden-Württemberg aufgehalten. Mit einem Freund sei er aus Norwegen angereist, weil dieser ein Auto hatte kaufen wollen, erklärte der Angeklagte. Von Ende Februar bis Anfang April häuften sich damals Einbrüche und Autoaufbrüche. Die Ermittlungen übernahm die Kriminalpolizei in Waiblingen, die eine Serie von 36 Straftaten ausmachte. So stahlen die Täter etwa 12 000 Euro aus dem Tresor einer Firma in Bissingen (Kreis Esslingen), aus einem Alfdorfer Betrieb (Rems-Murr-Kreis) sogar fast 61 000 Euro. In Sindelfingen wiederum verschwand damals ein Audi A 6 für rund 26 000 Euro. Die gestohlenen Fahrzeuge hätten die Täter zwei bis drei Wochen genutzt, seien damit zu den Tatorten gefahren und hätten darin die Beute abtransportiert, erklärte ein als Zeuge geladener Polizeibeamter. Dann stahlen die Täter ein neues Fahrzeug – und ließen das Vorgängermodell stehen.

Bei dem Audi aus Sindelfingen war das ein Parkplatz beim Rathaus in Winterbach (Rems-Murr-Kreis). Einer Verwaltungsmitarbeiterin war der Wagen aufgefallen, weil er wochenlang auf dem Parkplatz stand. Sie verständigte die Polizei, die in dem Auto ein Feuerzeug entdeckte mit DNA-Spuren des heute 35-Jährigen daran. Den Wagen habe ein Bekannter gefahren, mit dem er sich in Esslingen getroffen habe, erklärte der Angeklagte, der nicht ausschloss, in dem Auto gesessen zu sein.

Bildern aus Radaranlage sind zu schlecht

Das Feuerzeug reichte dem Gericht nicht als Beweis dafür aus, dass der 35-Jährige den Wagen auch gestohlen hatte. Dasselbe galt für zwei Bilder aus Radaranlagen. Der Vorsitzende Richter hatte massive Zweifel daran, dass auf einem der Angeklagte auf der Beifahrerseite eines gestohlenen A-Klasse-Mercedes zu sehen war: „Der Beifahrer sieht nach unten.“ Auch die zweite Aufnahme – obschon von besserer Qualität, aber noch immer untauglich für ein humanbiologisches Gutachten – überzeugte ihn nicht: „Im ersten Moment habe ich den Angeklagten nicht erkannt.“ Nur weil jemand am Nachmittag in einem gestohlenen Auto geblitzt werde, heiße das nicht, dass er auch nachts beim Einbruch dabei gewesen sei.