Die Betreiber werben mit sicherer und nachhaltiger Mobilität auf Knopfdruck. Der Start des 24-Stunden-Betriebs der Flotte aus 500 selbstfahrenden Fahrzeugen löste jedoch ein Verkehrschaos aus.

Die schöne neue Welt der Robotaxis führte gleich am ersten Tag zu Verkehrschaos. Rund ein Dutzend selbstfahrender Autos blieb in der North-Beach-Nachbarschaft einfach mitten auf der Straße stehen. Der Betreiber Cruise erklärte den Stillstand der Fahrzeuge mit dem Ausfall des Mobilfunkservices. Dieser sei wegen eines Musikfestivals in San Francisco überlastet gewesen. Dabei hatte T-Mobile wegen des Festivals noch extra temporäre Mobilfunkmasten im Golden-Gate-Park errichtet.

 

Ein paar Tage später war dann ein Foto mit einem selbstfahrenden Cruise-Taxi für herzhafte Lacher gut, nachdem es mit seinen Vorderrädern in nassen Beton gefahren war. Mitarbeiter des Unternehmens mussten das Fahrzeug aus der Baustelle schleppen, die mit leuchtenden Kegeln und von Arbeitern mit Flaggen gesichert worden war. Glücklicherweise sei niemand zu Schaden gekommen, teilte die Sprecherin der für die Straßenarbeiten zuständigen Behörde, Rachel Gordon, mit. „Die Neubetonierung dieses Abschnitts musste Cruise bezahlen.“

Die Freigabe erfolgte mit drei Stimmen gegen eine

„Wir arbeiten aktiv an Lösungen, um zu verhindern, dass so etwas noch einmal passiert“, gelobt der peinlich berührte Anbieter nach Pleiten, Pech und Pannen seiner Flotte. Der Start war vor einer Woche von der zuständigen kalifornischen Regulierungsbehörde CPUC genehmigt worden – gegen den Willen der Stadt San Francisco. Die Freigabe erfolgte mit drei Stimmen dafür und einer dagegen. Die entscheidende Stimme für die Mehrheit kam von einem Kommissar, der früher einmal in der Rechtsabteilung von Cruise gearbeitet hatte.

Zusammen mit Cruise nahm auch Google-Tochter Waymo den Betrieb ihrer Flotte aus 250 elektrisch betriebenen Robotaxis vom Typ Jaguar I-Pace auf. Das 2009 gegründete Unternehmen erprobt die Fahrzeuge bereits seit 2018 in San Francisco sowie in Phoenix, Arizona. Nach Testphasen mit menschlichem Ersatzfahrern an Bord durften die beiden Anbieter seit Juni den fahrerlosen Transport in der Nacht umsonst anbieten.

Das Interesse an den Robotaxis ist so groß, dass es Wartelisten für Neukunden gibt. Waymo hat in der Bay Area von San Francisco bereits mehr als 100 000 Kunden registriert. Wie auch der Wettbewerber Cruise plant das Unternehmen, den Service etappenweise auszubauen – falls die Behörden nach dem Desaster zum Flottenstart das Projekt nicht doch noch mit einer Vollbremsung stoppen.

Was ist, wenn die Autos im Katastrophenfall die Straßen blockieren?

Genau das hat sich der Stadtverordnete Aaron Peskin vorgenommen. Der Justiziar von San Francisco ist nach eigenen Aussagen beauftragt worden, bei der Regulierungsbehörde CPUC noch einmal vorstellig zu werden. Der Ausfall des Mobilfunksystems habe gelehrt, dass in dem Moment die Kommunikation mit den Fahrzeugen nicht mehr funktioniert. „Was machen wir denn bei einem Erdbeben?“, fragt Peskin über das Sicherheitsrisiko für die entsprechend gefährdete Stadt. „Die Autos sitzen dann wie Blöcke auf der Straße.“

Unabhängig davon registrierte San Francisco allein in diesem Jahr schon 55 Vorfälle, bei denen Robotaxis den Weg von Rettungshelfern blockiert haben. Die Feuerwehr beklagte sich über zugeparkte Ausfahrten, über Fahrzeuge, die auf Schläuchen standen, und Behinderungen während Löscharbeiten.

Der Technologie-Experte Paul Leonardi von der University of California in Santa Barbara meint, es sei naiv, davon auszugehen, dass die Robotaxis von Anfang an perfekt funktionieren würden. Die Fahrzeuge lernten ständig hinzu, indem sie Erfahrung sammelten – wie etwa das nun im Beton stecken gebliebene Auto. „Es hat gelernt, was es das nächste Mal in einer solchen Situation anders machen soll“, erklärt Leonardi.

Die Betreiber des Robotaxis betonen, dass es während der Testphase keine Unfälle mit schweren Personenschäden gegeben habe. In ganzseitigen Zeitungsanzeigen verweist Cruise darauf, dass „Menschen fürchterliche Fahrer“ seien. Angesichts von 42 795 Verkehrstoten 2022 machten selbstfahrende Autos die Straßen tatsächlich sicherer.

Und was ist mit den Jobs Tausender zuverlässiger Taxifahrer?

Verbraucherschützer wie Justin Kloczko von der Organisation Consumer Watchdog sehen das anders. Sie befürchten eine übereilte Genehmigung der Robotaxis in anderen Metropolen, bevor die Technologie richtig erprobt worden ist. Es sei versäumt worden, „eine gefährliche neue Industrie zu regulieren“. Auch seien viele Fragen rund um den Schutz der Privatsphäre nicht geklärt, die sich aus dem Sammeln der während der Fahrt aufgenommenen Bildern ergeben. Ein weiterer Kritikpunkt ist der Verlust von Tausenden Jobs von Fahrern, die nicht mitten auf der Straße stehen blieben oder in nassen Beton hineinführen.