Die Bürgerbeteiligung zum geplanten Rosensteinviertel hat ihre erste Phase hinter sich. Die Stadträte sind enttäuscht über die geringe Beteiligung. OB Fritz Kuhn sorgt dagegen für eine Überraschung: Er könne sich unter bestimmten Voraussetzungen einen Bürgerentscheid zum Ostheimer Tunnel vorstellen.

Stuttgart - Die Bürgerbeteiligung zur geplanten Bebauung des Rosensteinquartiers auf den heutigen Gleisflächen des Hauptbahnhofs hat bei Stadträten und Rathausspitze ein unterschiedliches Echo gefunden. Während OB Fritz Kuhn, Baubürgermeister Peter Pätzold (beide Grüne) sowie die Organisatoren der diversen Beteiligungsformate sich zumindest hinsichtlich der Qualität der erarbeiteten Vorschläge durchaus zufrieden zeigten, konnten nahezu alle Fraktionssprecher am Dienstag im Technischen Ausschuss ihre Enttäuschung über die geringen Teilnehmerzahlen nicht verhehlen. Überraschend brachte OB Kuhn in der Debatte um das sogenannte Memorandum Rosenstein einen Bürgerentscheid über den vor allem von der CDU propagierten Ostheimer Tunnel ins Spiel.

 

Gleich zu Beginn erneuerte Kuhn seine umstrittene Äußerung, Stuttgart 21 tue der Stadt gut: „Wenn es dann fertig ist“, ergänzte der Rathauschef und bezog sich dabei ausdrücklich auf den Plan, das neue Rosensteinquartier mit bis zu 7500 Wohnungen in der City entwickeln zu können. Gerade die aktuelle Debatte um Opernsanierung, Kulturmeile und einen neuen Standort für das Linden-Museum zeige, welche wichtige Rolle die Erschließungsfläche beim Bahnhof spiele. Der OB versicherte zugleich, die Stadt wolle im Rosensteinquartier eine Alternative zum zumindest architektonisch umstrittenen Europaviertel entwickeln: „Die Flächen gehören der Stadt, wir wollen dort nicht in erster Linie renditebezogen bauen.“

Kuhn: Entscheid zum Umgang mit den Flächen nicht sinnvoll

Einen von SPD-Fraktionschef Martin Körner ins Gespräch gebrachten Bürgerentscheid etwa über die Frage, wie man mit den Grundstücken dort umgehe, hält der OB nicht für zielführend – und brachte stattdessen eine Volksabstimmung über ein anderes, heiß diskutiertes Projekt ins Spiel: Er könne sich eine Abstimmung über den Ostheimer Tunnel vorstellen, sobald Kosten und Alternativen fest stünden.

Die allermeisten Stadträte lobten zwar den Inhalt des knapp 220 Seiten starken Papiers, zeigten sich aber enttäuscht von den geringen Teilnehmerzahlen. „Das Interesse war nicht riesig“, so der Eindruck von CDU-Fraktionschef Alexander Kotz. Er hätte sich schon gewünscht, dass „bei einem solchen Jahrhundertprojekt mehr als 300 Bürger – inklusive der zahlreich vertretenen Mitarbeiter der Stadtverwaltung – kommen.“ Es stelle sich die Frage, ob das Ergebnis angesichts von 650 000 Einwohnern Stuttgarts repräsentativ sei.

Andreas Winter (Grüne) hätte sich ebenfalls mehr Beteiligung gewünscht, sprach aber dennoch von einem „Meilenstein“ auf dem Weg zum Rosensteinviertel. Auch Martin Körner (SPD) zeigte sich mit der geringen Resonanz unzufrieden: „Da waren doch vor allem die üblichen Verdächtigen da.“ Jürgen Zeeb (Freie Wähler) zweifelte ebenfalls an der Allgemeingültigkeit des Memorandums. Nun müssten konkrete Planungen an die Stelle emotionaler Überlegungen treten: „Wir dürfen nicht auf Wolke 7 planen.“ AfD-Stadtrat Eberhard Brett sprach von „vielen Luftblasen“, aus denen man wenig ableiten könne. Michael Conz (FDP) verwies auf seiner Ansicht nach widersprüchliche Bürgerwünsche wie „ein autofreies Viertel mit optimaler verkehrlicher Erschließung“, und der Stadtist Ralph Schertlen meinte, dass die vielen Vorgaben sich negativ auf die Beteiligung ausgewirkt hätten.

Luigi Pantisano (SÖS/Linke-plus), dessen Fraktionsgemeinschaft der Bürgerbeteiligung aus grundsätzlichen Erwägungen fern geblieben war, sagte, das Memorandum sei für die Schublade verfasst, solange nicht klar sei, wann Stuttgart 21 fertig gestellt und das Gleisvorfeld abgeräumt sei. Seine Fraktion wolle auch keinen Wohnungsbau im Rosensteinquartier, sondern einen Park. OB Kuhn verwies demgegenüber auf Äußerungen von SÖS-Fraktionschef Hannes Rockenbauch, der Wohnungsbau in einem Teilbereich des Areals befürwortet hatte: „Dass Sie jetzt dort einen Park wollen, ist mir neu.“