Die Krisen, die derzeit die Weltpolitik beherrschen, gehen auch an der Jugend nicht spurlos vorbei. Junge Menschen suchen nach Antworten, wie Frieden machbar ist. Die Schüler der Politik AG des Paracelsus-Gymnasiums-Hohenheim (PGH) haben deshalb Bundespolitiker eingeladen, um mit ihnen zu diskutieren.

„Die Welt am Abgrund? Eine geostrategische Sicht auf die aktuellen Konflikte.“ Die Überschrift über der Veranstaltung im Paracelsus-Gymnasium Hohenheim macht es deutlich: Die derzeitige weltpolitische Lage schürt bei vielen Ängste – auch und gerade bei Jugendlichen.

 

Der Einladung zum Podiumsgespräch nach Plieningen waren vor Kurzem Macit Karaahmetoglu (SPD), Anette Widmann-Mauz (CDU), Tobias Bacherle (Grüne) und Reiner Semet (FDP) gefolgt, allesamt baden-württembergische Abgeordnete im Auswärtigen Ausschuss des Bundestags. Für die Linke, die keinen Sitz im Auswärtigen Ausschuss hat, sprang der Stuttgarter Stadtrat Luigi Pantisano ein. Die AfD hatte trotz Einladung keinen Vertreter geschickt, erklärte der Politik-Lehrer Carsten Singer, der die Gesprächsrunde moderiert hat.

Taurus-Marschflugkörper für die Ukraine?

Gleich zu Beginn sorgte der erneute Antrag der CDU im Bundestag zur Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine für Diskussionsstoff: „Dass wir der zweitgrößte Unterstützer der Ukraine sind, beschreibt nicht, ob wir tatsächlich tun, was wir könnten und was notwendig ist“, rechtfertigte Widmann-Mauz den Antrag ihrer Partei zur Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine. Tobias Bacherle weitete den Horizont in der Frage der Waffenlieferung ins Grundsätzliche und betonte, dass die Ukraine langfristig nur zwei Optionen habe weiter zu existieren: „Entweder das Land hat das Gefühl, es kann sich selbst verteidigen, oder die Ukraine ist so eng in unsere Bündnisse eingebunden, dass sie der Meinung ist, sie muss Taurus nicht selbst besitzen“, sagte Bacherle. Der Grüne wollte damit erklären, warum bei der Abstimmung im Bundestag Ende Februar sich trotz der Taurus-Frage die Mehrheit der Parlamentarier für „weitreichende Waffenlieferungen“ an die Ukraine ausgesprochen hatte.

Dass die Koalition dem erneuten Antrag der CDU zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern gleichwohl wieder nicht zustimmen werde, unterstrich Rainer Semet. Es sei ein notwendiger Schritt für den Zusammenhalt der Regierungskoalition, so der FDP-Politiker: „Das sind die demokratischen Spielregeln“, betonte Semet. „Wir werden das im politischen Geschäft nicht unterstützen, wenn es ein Antrag der CDU ist.“ Ein bemerkenswerter Einblick, wie in Berlin Parteipolitik Sachfragen dominiert.

Ukraine und Israel als Zäsur

Pantisano betonte in diesem Zusammenhang, dass die Lieferung weiterer Waffen grundsätzlich nicht dazu führen werde, den Konflikt zu lösen. Es müssten die Gesprächsfäden mit Russland wieder aufgenommen werden, so der Stadtrat der Linken. Wie das gelingen kann, ließ er indes offen.

Den Bogen von der Ukraine nach Israel schlug Macit Karaahmetoglu. Der SPD-Politiker ließ durchblicken, wie die deutsche Außenpolitik derzeit von Widersprüchen geprägt ist. Dass die Hamas eine brutale Terrororganisation sei, müsse nicht diskutiert werden, so Karaahmetoglu. „Wir können aber nicht auf der einen Seite sagen, wir wollen, dass die territoriale Integrität der Ukraine gewahrt bleibt. Und auf der anderen Seite haben wir Gebiete im Westjordanland, die durch israelische Siedlungen zersplittert werden.“

Die Schüler der Politik AG stellten im Anschluss zahlreiche kritische Fragen: So sah sich die CDU-Politikerin Widmann-Mauz, die unter der Kanzlerin Angela Merkel Staatsministerin war, mit der Frage nach der historischen Verantwortung der vorhergehenden Regierung konfrontiert. Merkel habe, so ein Schüler, in ihrer Regierungszeit die Abhängigkeit von autokratischen Staaten wie Russland und China vorangetrieben.