Selbstironie macht sexy: Im Stunt-Film „The Fall Guy“ “ stellt Ryan Gosling erneut sein komödiantisches Talent unter Beweis.

Auch wenn Stunts schon seit Charlie Chaplin und Buster Keaton zur Ursuppe des Mediums gehören, fehlt bis heute eine Oscar-Kategorie, die diesen Berufsstand ehrt. Daran könnte David Leitchs „The Fall Guy“, der im feinsten Popcorn-Format eine Ode an dieses Handwerk formuliert, in Zukunft etwas ändern. Sehr lose basiert der Film auf der alten TV-Serie „Ein Colt für alle Fälle“. Ryan Gosling spielt den Stuntman Colt Seavers, der in den ersten Filmminuten vom Höhepunkt seiner Karriere in den Abgrund stürzt. Als Double für den Hollywood-Megastar Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson) springt er einen Fahrstuhlschacht hinunter und bricht sich dabei die Wirbelsäule.

 

Achtzehn Monate später hat Colt seine Stunt-Karriere aufgegeben, und arbeitet als überqualifizierter Einparker in einem mexikanischen Restaurant. Als die Produzentin Gail (Hannah Waddingham) ihn für Dreharbeiten in Australien engagieren will, wimmelt Colt sie zunächst ab, bis er hört, dass Jody Moreno (Emily Blunt) bei dem millionenschweren Space-Cowboy-Film ihr Regiedebüt gibt. Vor dem Unfall hatten die beiden auf dem Set eine vielversprechende Affäre, aber nach dem Absturz hat sich Colt aus der Beziehung zurückgezogen. Nun hofft er ihr Herz neu entflammen zu können. Das epische Science-Fiction-Werk „Metal Storm“, das hier aufwendig gedreht wird, handelt von der unmöglichen Liebe zwischen einem Cowboy und einer Außerirdischen. Am letzten Akt des Drehbuches wird noch gearbeitet. Ob es ein Happy End gibt, ist noch ungewiss. Und so öffnet sich der Raum für süffisante Dialoge, in denen Jody und Colt über das Skript diskutieren und dabei eigentlich ihre eigene Beziehung verhandeln.

Liebeserklärung an das Actionkino

Im besten Screwball-Comedy-Format wird an der Wiederbelebung der romantischen Beziehung gearbeitet. Dabei zeigt Gosling, der gerade in „Barbie“ als Ken sein komödiantisches Talent unter Beweis stellte, erneut, dass die Fähigkeit zur Selbstironie das eigentliche Geheimnis männlichen Sexappeals ist. Mit dem gleichen augenzwinkernden Charme setzt „The Fall Guy“ seine Liebeserklärung an das Actionkino in Szene. Über zwanzig Jahre hat David Leitch selbst als Stuntdouble unter anderem für Brad Pitt gearbeitet, bevor er mit Filmen wie „Atomic Blonde“ (2017) und „Bullet Train“ (2022) in den Regiestuhl wechselte. Mit profundem Insiderwissen wird hier die komplexe Produktion der Actionszenen vorgeführt und gleichzeitig noch ein Krimiplot in die Handlung eingeflochten. Denn die Produzentin hat Colt nicht nur als Stuntman engagiert, sondern auch als Ermittler, der das rätselhafte Verschwinden des arroganten Hauptdarstellers Tom Ryder aufklären soll.

Die recht überschaubare Thriller-Handlung bietet einen gelungenen Vorwand für zahlreiche Kampfchoreografien und Verfolgungssequenzen: Auf einer Metallplatte surft der Held funkensprühend einem rasenden Laster hinterher. Ein Boot rast in eine Tankstelle und sorgt für eine wahnsinnige Explosion. Solche Szenen hat man schon öfter gesehen. Aber durch die Film-im-Film-Handlung entwickelt man eine andere Wertschätzung für den Herstellungsprozess dieser spektakulären Bilder, die sich zusammen mit einer sanft ironischen Lovestory zu einem runden Popcornkinovergnügen vereinigen.

The Fall Guy. USA 2024. Regie: David Leitch. Mit Ryan Gosling, Emily Blunt, Hannah Weddingham. 126 Minuten. Ab 12 Jahren.