Tina Noack ist zum ersten Mal bei der Berliner Fashion Week dabei. Die 39-Jährige möchte mit ihrem eigenen Label die Modewelt erobern. Die Quereinsteigerin aus Bietigheim-Bissingen arbeitet mit einem besonderen Stoff.

Ludwigsburg: Anne Rheingans (afu)

Mit Mode hatte Tina Noack früher nicht besonders viel am Hut. Zwar hatte die 39-Jährige schon einmal hin und wieder etwas geschneidert. Doch der berufliche Weg führte die gebürtige Freibergerin, die inzwischen in Bietigheim-Bissingen wohnt, zunächst in eine ganz andere Richtung. Jetzt ist die Quereinsteigerin dabei, die internationale Modewelt mit ihrem Label „Alpin Lodge“ zu erobern. Sie ist in dieser Woche bei der Berliner Fashion Week dabei.

 

Die Initialzündung war ein Urlaub im Skigebiet bei Balderschwang im Allgäu. Dort fiel der 39-Jährigen während eines Almabtriebs im Jahr 2017 auf, dass die Einheimischen Umhänge aus einem bestimmten Material trugen: dem Loden, ein Stoff aus 100 Prozent Schurwolle. Tina Noack war sofort fasziniert davon und blieb an dem Gedanken hängen, dass es viel zu schade wäre, nur Trachten und Jagdbekleidung daraus zu fertigen. Ihre Idee: Man müsste aus diesem natürlichen, wasserabweisenden Hightech-Material auch ansprechendere Mode mit knalligen Akzenten anfertigen können.

Erste Eingebungen während einer Erkältung

Die ersten konkreten Entwürfe entstanden jedoch erst, als sie wieder zu Hause war. Während einer Erkältung machte sie einen Spaziergang an der Enz. Dabei erschienen ihr vor dem inneren Auge Modelle in dem Stil, den sie seither verfolgt: Kleidungsstücke aus Loden, kombiniert mit Elementen aus Leder und grellen Akzenten.

Dass sie am besten kreativ arbeiten kann, wenn sie entspannt, ist nach wie vor so. „Wenn mein Gehirn zur Ruhe findet, kommen mir die besten Entwürfe“, erklärt die 39-Jährige.

Auf subtile Art extravagant

Was kennzeichnet ihr Design? „Schnitte, die auf subtile Art extravagant und clever sind“, sagt Tina Noack. Typisch für ihre Entwürfe sind außerdem Schnallen und andere kleine Extras wie Magnetverschlüsse und Clips aus Leder. Unverkennbar soll ihr Stil sein, aber auch zeitlos, zugleich alltagstauglich und zu festlicheren Anlässen tragbar.

Um ihre Ideen umzusetzen, konnte sie die Unterstützung eines Profis in Anspruch nehmen. Eine mittlerweile verstorbene Designerin des deutschen Labels von Harald Glööckler brachte ihr die Grundlagen der Arbeit bei. Ihre Mentorin war es auch, die Tina Noack dabei half, ihre Entwürfe zu verfeinern und die Ideen aus dem Kopf in die Realität zu übertragen. Auf Messen und bei sonstigen Treffen mit Experten aus der Modebranche eignete sich die Quereinsteigerin, die Ökonomie und Informatik studiert hat, viel weiteres Fachwissen an.

Traum: Kleidung ist irgendwann im Einzelhandel zu finden

Die wirtschaftlichen Bedingungen machten es Tina Noack bisher jedoch nicht leicht. Eine sechsstellige Summe hat die 39-Jährige, die im Hauptjob in der Softwareentwicklung arbeitet, bereits investiert. Doch die Pandemie und die Preissteigerungen der jüngsten Zeit lassen die Einkäufer großer Modehäuser zurückhaltend bei neuen Marken sein. Dabei wäre es der Traum von Noack, wenn die Kleidung von „Alpin Lodge“ nicht nur, wie geplant, ab Ende Juli im eigenen Onlineshop verfügbar wäre. Ihre Modelle, die sich preislich im drei- bis vierstelligen Bereich bewegen, solle es auch im Einzelhandel geben.

Ein anderer Traum steht allerdings kurz vor der Erfüllung: Stücke ihrer ersten Kollektion werden an diesem Mittwoch und Donnerstag erstmals bei Modenschauen gezeigt. Per Zufall ist die Mainzer Designerin Anja Gockel auf Tina Noack aufmerksam geworden. Daher darf sich die 39-Jährige mit rund einem Dutzend Teile an Gockels Shows während der Fashion Week beteiligen.