Auch im Mai werden wieder mehr Fahrzeuge zugelassen. Den relativ stärksten Zuwachs verzeichnen die E-Autos, doch die Hersteller warnen. Und was spielt der Brexit für eine Rolle?

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Der Autoverkauf in Europa trotzt der allseits beschworenen Krise. Im Mai wurden rund 940 000 Autos zugelassen. Das ist ein Plus von 18,5 Prozent im Vergleich zum Mai 2022, wie der der europäische Herstellerverband Acea am Mittwoch in Brüssel mitteilte. Verzeichnet werden damit der zehnte Monat in Folge mit einem Verkaufsplus. Verzerrt werden die Zahlen allerdings dadurch etwas, dass im vergangenen Frühjahr die Neuzulassungen unter anderem wegen der Angebotsknappheit aufgrund des Chipmangels sehr niedrig gewesen seien. Inzwischen hätten sich aber vor allem die Automärkte in Italien, Deutschland und Frankreich merklich belebten.

 

Gewinner sind die E-Autos

Besonders deutlich stiegen die Neuzulassungen im Mai bei Elektroautos: um fast 71 Prozent auf knapp 130 000 Autos. Das sind rund 14 Prozent aller Neuanmeldungen in der EU. Der Herstellerverband warnt allerdings vor einem möglichen Einbruch der Absatzzahlen im kommenden Jahr. Grund ist der Brexit. Zum Jahreswechsel sollen im Handel zwischen der Europäischen Union und Großbritannien wie geplant neue Zollregeln für Elektroautos in Kraft treten.

Drohende Zollzahlungen für die Autobauer

Im Moment sieht die Regelung noch vor, dass die Fahrzeuge im Handel mit dem Vereinigten Königreich von Zollzahlungen ausgenommen sind, wenn sie zu 45 Prozent entweder in einem EU-Land oder auf in Großbritannien zusammengebaut wurden. Diese Vereinbarung läuft allerdings zum 1. Januar 2024 aus. Danach müssen alle Teile und auch einige der zum Bau benötigen kritischen Rohstoffe aus der EU oder aus Großbritannien stammen. Konkret bedeutet das, dass dann „sowohl bei der Ausfuhr von E-Autos in das Vereinigte Königreich als auch beim Export aus dem Vereinigten Königreich heraus Zollzahlungen“ drohten, sagt eine Sprecherin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA). Nach Einschätzung der Fahrzeugbauer müssten sie in den Jahren von 2024 bis 2026 britische Einfuhrzölle in Höhe von 4,3 Milliarden Euro bezahlen. Dies würde dazu führen, dass in dem Zeitraum rund 480 000 Elektroautos weniger in der EU produziert würden.

Der Brexit bereitet weiter Schwierigkeiten

Um ein solches Szenario zu vermeiden, appellieren der europäische Herstellerverband Acea, der VDA und einzelne deutsche Hersteller an die EU-Kommission, die geltenden Regeln noch einmal um drei Jahre zu verlängern und die Brexit-Handelsverträge in diesem Bereich nachzuarbeiten. Großbritannien ist nach Angaben der Hersteller einer der wichtigsten Automärkte. Rund ein Viertel aller Fahrzeuge würden dorthin verkauft. Die drohenden Zollzahlungen würden für die europäische Automobilindustrie eine krasse Wettbewerbsverzerrung gegenüber den asiatischen Konkurrenten bedeuten, klagen die Autobauer aus der EU.

Probleme bereitet den Unternehmen vor allem der Bau der Batterien. „Europa hat noch keine sichere und zuverlässige Batterielieferkette aufgebaut, die diesen restriktiveren Vorschriften derzeit gerecht werden kann“, sagt Acea-Generaldirektorin Sigrid de Vries. Zwar hätte die Unternehmen massiv in den Ausbau der europäischen Lieferketten investiert, doch sie seien im Moment noch auf die aus Asien importieren Materialien angewiesen.