An den Max-Planck-Instituten in Stuttgart-Büsnau entwickeln Forscher intelligente Roboter und arbeiten an den Werkstoffen von morgen. An diesem Samstag öffnen die Institute ihre Türen für die Öffentlichkeit.

Wissen/Gesundheit: Werner Ludwig (lud)

Beim Betreten des Raums sieht es so aus, als würde Mayumi Mohan einen Tanz aufführen. Es könnte aber auch eine Gymnastikübung sein. Konzentriert bewegt die junge Wissenschaftlerin ihre Arme in alle Richtungen – nach oben, nach unten, nach vorne und zur Seite. Ihr Gegenüber – Mayumi Mohan nennt ihn Max – scheint guter Laune zu sein. Der Flachbildschirm an der Vorderseite seines Kopfes zeigt ein Lächeln.

 

Max ist ein mannshoher Roboter vom Typ Baxter. Seine kräftigen Arme bewegen sich mit leisem Surren synchron zu denen seiner Betreuerin. Deren Arme stecken in schwarzen Manschetten. Integrierte Sensoren erfassen Mohans Aktiviäten. Ein Algorithmus analysiert die Daten und übersetzt sie in Roboterbefehle. Mohan spricht ein paar Kommandos in ihr Headset, um ein anderes Programm zu starten. Nun werden die Bewegungen der Person, welcher der Roboter folgen soll, von Kameras im Raum erfasst. Die Präzision dabei ist etwas geringer als bei der Variante mit den Sensoren.

Grundlagenforschung im Fokus

Mohan arbeitet am Max-Planck-Institut (MPI) für Intelligente Systeme in Stuttgart-Büsnau. Ein Schwerpunkt ist dort die Entwicklung von Robotern, die sich an veränderliche Bedingungen anpassen können. Im Fokus steht die Grundlagenforschung, doch die Wissenschaftler machen sich auch Gedanken über konkrete Anwendungen. „Max könnte in der Physiotherapie eingesetzt werden – oder als Tanztrainer“, sagt Mohan. Roboter könnten auch gefährliche Tätigkeiten übernehmen – etwa auf Baustellen oder bei Rettungsaktionen. Bis jetzt wird Max durch einen Menschen ferngesteuert. Die MPI-Forscher entwickeln aber auch Robotersysteme, die autonom agieren können. Neben Stuttgart hat das Institut einen zweiten Standort in Tübingen.

Während sich Mayumi Mohan auf die oberen Extremitäten von Robotern konzentriert, ist die Doktorandin Bernadett Kiss damit beschäftigt, Robotern Beine zu machen. In ihrem Büro steht der Eco Walker, der auf zwei Beinen geht wie ein Mensch – jedenfalls fast. Momentan zieht der Laufroboter noch ein vierrädriges Wägelchen hinter sich her, das ihn in der Senkrechten hält. Darin befinden sich neben der Batterie diverse elektronische Steuerungselemente. Kurven laufen kann der Roboter noch nicht – er geht geradeaus und gibt dabei Geräusche von sich, die an einen marschierenden Zinnsoldaten erinnern. Auch das Überwinden von Hindernissen bereitet ihm Schwierigkeiten.

Energiesparendes Laufen

Doch der Laufroboter soll gar nicht alles können, was ein Mensch kann. In dem Projekt geht es vielmehr darum, den Bewegungsablauf der Beine grundlegend zu verstehen. Die Forscher messen, welche Kräfte dabei wirken und wie viel Energie für die Fortbewegung aufgewendet werden muss. Die Natur hat die Latte dabei ziemlich hoch gelegt: der menschliche Gang ist äußerst effizient. Die Beine wirken dabei dabei wie eine Art Katapult, wodurch zusätzliche Bewegungsenergie entsteht, was wiederum Muskelkraft spart. Diesen Effekt versucht Kiss mit Hilfe von Federn nachzuahmen, die auf Sprunggelenke und Unterschenkel wirken. Einen aktiven elektrischen Antrieb gibt es nur für die Hüft- und Kniegelenke des Roboters. „Unsere Arbeit soll unter anderem helfen, aktive Prothesen zu entwickeln“, sagt die Doktorandin. Auch in der Rehabilitation könnte die Technik genutzt werden – etwa für Orthesen, die menschliche Bewegungen mehr oder weniger stark unterstützen.

Der Eco Walker wird von Elektromotoren angetrieben. Doch MPI-Forscher arbeiten auch auch an Antrieben, die sich an natürlichen Vorbildern orientieren. Der Doktorand Malte Hendrickson forscht dazu an künstlichen Muskeln, die sich bei Anlegen einer elektrischen Spannung verkürzen. Sie sind im Gegensatz zu anderen Technologien weich und flexibel.

Künstliche Muskeln für Schlaganfallpatienten

Das macht sie besonders geeignet für den Einsatz am Menschen. Als mögliche Anwendung nennt Hendrickson etwa sogenannte Exosuits, die Menschen bei schweren Arbeiten unterstützen könnten. Künstliche Muskeln sollen auch in der Rehabilitation helfen. „Nach einem Schlaganfall haben manche Menschen eine Fußheberschwäche“, sagt der Doktorand. Hier könnten künftig künstliche Muskeln zur gezielten Unterstützung eingesetzt werden.

Neben dem MPI für Intelligente Systeme befindet sich das MPI für Festkörperforschung. Dort arbeiten Wissenschaftler an neuen Materialien für die Technologien von morgen. Einer von ihnen ist Manish Garg. Der Gruppenleiter untersucht mit Hilfe ultrakurzer Laserpulse chemische Reaktionen bei ultratiefen Temperaturen im Hochvakuum. So lassen sich einzelne Moleküle in Echtzeit beobachten. Die Kammern, in denen die Versuche stattfinden stehen auf dicken Betonfundamenten, die jede Erschütterung verhindern, und sind gegen elektrische und magnetische Felder abgeschirmt.

In Nanostrukturlabor können feinste Strukturen elektronenmikroskopisch untersucht und mit Elektronenstrahlen bearbeitet werden – etwa für Anwendungen in der Mikroelektronik. Welche Präzision dabei erreicht werden kann, zeigt ein Exponat, das auch am Tag der offenen Tür zu sehen sein wird: Ein Haar von Klaus von Klitzing, auf dem sein Name eingraviert wurde. Der Physiknobelpreisträger von 1985 ist bis heute am MPI für Festkörperforschung tätig.

Forschung zum Anfassen

Tag der offenen Tür
Das Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme und das benachbarte Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart Büsnau öffnen an diesem Samstag, 20. April, von 10 bis 16 Uhr ihre Türen für die interessierte Öffentlichkeit. Dazu wird ein kostenloser Shuttle-Service angeboten. Die Busse starten im 20-Minuten-Takt an den Haltestellen „Schleife“ oder „Universität“.

Programm
 Auf die Besucher warten Live-Experimente, Vorführungen und Vorträge zu verschiedenen Forschungsgebieten sowie spezielle Angebote für Kinder. Genauere Informationen gibt es auf den Webseiten der Institute unter www.is.mpg.de und www.fkf.mpg.de