Im Clara-Grunwald-Kindergarten auf dem Krankenhausgelände werden auch junge Flüchtlinge betreut. Wie gut das dort funktioniert, davon macht sich die Kultus-Staatssekretärin Marion von Wartenberg selbst ein Bild.

Leonberg - Auf dem großen Teppich sitzen die mehr als 20 Kinder im Kreis und warten gespannt auf die ersten Takte aus dem CD-Spieler. „Ich bin wie du“ singen sie, zeigen mit dem Zeigefinger erst auf sich selbst, dann auf die Person gegenüber. „Ich kletter gern auf Bäume. Möchte Regenbogen seh’n. Habe Ängste und auch Sorgen und will die Welt versteh’n !“, singen sie und dann: „Jeder Mensch braucht ein Zuhause. In der Not eine helfende Hand. Alle sind gleich.“

 

Die Botschaft des Liedes – im Clara-Grunwald-Kindergarten in Leonberg ist sie gelebte Realität. Seit im vergangenen Herbst die erste Gemeinschaftsunterkunft des Landkreises im benachbarten früheren Azubi-Wohnheim auf dem Krankenhausgelände eröffnet wurde, werden hier neben den Kindern aus der Gartenstadt auch Flüchtlingskinder betreut. Zwölf sind es derzeit, insgesamt hat der Kindergarten 54 Plätze. „Dass es Flüchtlinge sind, diesen Unterschied sehe ich nicht und will ihn auch nicht sehen. Für mich sind das einfach Familien mit Kindern“, sagt die Kindergartenleiterin Sandra Fink beim Besuch der Kultus-Staatssekretärin Marion von Wartenberg am Freitag. Die verspricht, im ganzen Land weitere Betreuungsplätze für Flüchtlingskinder zu schaffen. „Das ist das lernintensivste Alter. Hier muss man beginnen, nur so kann die Integration gelingen“, erklärt sie.

Konzept für eine Familiennetzwerk entwickelt

Schon bevor die Asylbewerberunterkunft eingerichtet wurde, haben Fink und ihre Mitarbeiter viele Kinder betreut, deren erste Muttersprache nicht Deutsch ist. Auf diesen Erfahrungen können sie aufbauen. Zusammen haben sie das Konzept für ein Familiennetzwerk entwickelt. „Dabei hat uns ungemein geholfen, dass wir hier viele beteiligte Behörden und Ämter vor Ort haben. In der Etage über uns befindet sich beispielsweise eine Außenstelle des Kreisjugendamtes“, erzählt Fink. Dazu erhält der Clara-Grunwald-Kindergarten auch Hilfe über verschiedene Landesprogramme, wie etwa bei „Spatz“, einem Programm für frühkindliche Sprachförderung.

Im Clara-Grunwald-Kindergarten wird regelmäßig im Ruheraum vorgelesen. Hier können sich die Kinder gemütlich in große grüne Kissen kuscheln und zuhören. Die Kita ist außerdem eine der ersten, die an einem Pilotprojekt zum Umgang mit traumatisierten Kindern teilnimmt. Hier erhalten die Erzieher ein besonderes Training, werden auch dabei unterstützt, das Erfahrene selbst verarbeiten zu können.

Denn nicht immer ist die Arbeit mit Flüchtlingskindern leicht. Ein Problem sei die hohe Fluktuation. Oftmals sind die Flüchtlingskinder eingewöhnt, integriert, beherrschen die deutsche Sprache schon gut – da werden sie wieder herausgerissen.

„Entweder sind die Familien, die aus sicheren Herkunftsländern stammen, wieder zurückgeschickt worden. Oder sie werden in eine andere Unterkunft gebracht“, berichtet Sandra Fink. Das sei nicht nur für die Kinder schwierig. Auch den Erziehern gehe dieser oft sehr plötzliche Verlust nahe. Umso dankbarer ist die Leiterin für weitere Unterstützung.

Die erhält sie nicht nur vom Land und der Stadt, sondern auch durch die Flüchtlinge selbst. Mehrere junge Frauen aus der Sammelunterkunft helfen ehrenamtlich bei der Betreuung. Sie sind nicht nur Übersetzer und „Kulturdolmetscher“, sie haben ein ganz anderes Verständnis für Umstände, unter denen die Kinder nach Leonberg gekommen sind und hier leben.

Auch die Eltern ziehen mittlerweile mit

Eine von ihnen ist Mursal Rasekh. Die 25 Jahre alte Afghanin lebt seit vergangenem Herbst in Leonberg und hilft seitdem auch im Clara-Grunwald-Kindergarten. „Es macht mir viel Spaß. Ich spiele mit den Kindern und lerne dabei Deutsch. Und ich habe eine Arbeit“, erzählt sie. In Afghanistan hat sie auf Lehramt studiert. Mithilfe von Sandra Fink wurden einige ihrer Zeugnisse in Deutschland anerkannt. Im kommenden Sommer will sie eine Ausbildung zur Erzieherin anfangen.

Auch die Eltern hat Sandra Fink auf ihrer Seite. „Es gab anfangs unter den Eltern schon Vorbehalte und Ängste, dass die Erzieher nicht mehr genügend Zeit für die anderen Kinder haben“, erzählt Nicole Wanke, die Vorsitzende des Elternbeirats. Doch nichts davon habe sich bewahrheitet. Noch gebe es Grüppchen unter den Eltern. „Aber wir wollen das aufbrechen. Ein Stück weit haben wir uns das bei den Kindern abgeguckt. Die gehen ganz unbefangen miteinander um. Ein Kind ist eben ein Kind. Punkt“, sagt Wanke.