Das Land Württemberg investiert in die Sanierung bedeutender Baukultur, darunter das Dach der Mannheimer Multihalle und ein Gebäude in der Stuttgarter Weißenhofsiedlung. Ob das Geld gut angelegt ist und wer noch davon profitiert.

Bauen/Wohnen/Architektur : Nicole Golombek (golo)

Für Hochzeiten und Todesfälle, schicke Instagrambilder und Werbefilme der Touristiker sind jahrhundertealte Kirchen, Klöster, Scheunen und architektonisch bedeutende Wohngebäude und Quartiere hervorragend geeignet. Allerdings verlangen die alten Mauern Pflege – und die kostet Geld. Das Land Baden-Württemberg unterstützt den Erhalt von Baukultur. Das Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen hat zur Sanierung von 51 Kulturdenkmalen hat rund 5,1 Millionen an Fördermitteln freigegeben. Es profitieren Kommunen und Kirchen ebenso wie private Eigentümerinnen und Eigentümer.

 

Frei Ottos Dachkonstruktion in Mannheim

Der mit 500 000 Euro größte Betrag geht nach Mannheim – mit Stuttgarter Beteiligung: Zur Bundesgartenschau 1975 wurde im Mannheimer Herzogenriedpark die Multihalle erbaut. Das Land unterstützt mit dem Geld die Sanierung des Holzgittertragwerks und der Stahlbauteile der Multihalle. Entworfen wurde der Bau vom Mannheimer Architekten Carlfried Mutschler. Der Pritzker-Preisträger Frei Otto, der an der Universität Stuttgart lehrte, schuf eine Dachkonstruktion, die die Halle zum architektonischen Meisterwerk macht.

Die Multihalle Mannheim, eines der bedeutendsten Bauwerke des Leichtbaus, beeindruckt durch ihre filigrane Konstruktion, durch ihre Freiform und ihre große Spannweite. Das sogenannte Wunder von Mannheim ist die weltgrößte freitragende Gitterschale über amorphem Grundriss. Die ursprünglich als temporäres Bauwerk von Pritzker-Preisträger Frei Otto anlässlich der Bundesgartenschau 1975 geplante Halle gilt heute als Kulturdenkmal von besonderer Bedeutung.

Die größte freitragende Holzgitterschalenkonstruktion der Welt steht seit 1998 unter Denkmalschutz und wird seit 2021 umfassend saniert – auch mit Hilfe des Bundes und der Wüstenrot Stiftung. Die geschätzten Kosten belaufen sich auf ein Gesamtbudget von 31,7 Millionen Euro. „Aufgrund der Baupreisentwicklung und da die eigentliche Sanierung der Halle noch am Anfang steht, ist eine verlässliche Prognose der Kostenfeststellung zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Die Stadt Mannheim ist froh, bei diesem Projekt auf einige Fördermittelgeber zählen zu können“, sagt eine Sprecherin der Stadt.

Die Dachsanierung der Multihalle beginnt mit der Sanierung der großen Halle voraussichtlich ab Sommer 2024. Die Sanierung der kleinen Halle folgt zeitversetzt. Ab diesem Zeitpunkt wird an beiden Hallen parallel gearbeitet, um die Multihalle möglichst schnell wieder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Die Erneuerung der Gebäudetechnik und die Sanierung des Grundleitungssystems erfolgen in einem eigenständigen Abschnitt. Die Sanierung der Multihalle wird bist mindestens 2027 andauern.

Blick in die Multihalle, die ursprünglich nur als temporärer Bau geplant war. Foto: Daniel Lukac/mannheim-multihalle.de

Die Weißenhofsiedlung in Stuttgart, inzwischen im städtischen Besitz, erhält 56 150 Euro für Sanierung und Erhalt von Peter Behrens’ Wohnhaus mit zehn Wohneinheiten, das auch die Architekturgalerie beherbergt.

Für die Galerie, die immer wieder sehenswerte Ausstellungen zeigt, gibt es bei der Fenster- und Sockelsanierung einen Zuschuss. Aktuell saniert die Stuttgarter Wohnungs- und Städtebaugesellschaft (SWSG) das Nebengebäude, die Miets-Reihenhäuser des niederländischen Architekten Mart Stam.

Das Wohnhaus mit Galerie von Peter Behrens wird mit 56150 Euro gefördert. Foto: Zophia Ewska/LIchtgut

Gefördert werden sollen unter anderem außerdem die Restaurierung der Katholischen Pfarrkirche Heilig-Kreuz-Münster in Schwäbisch Gmünd mit 113 910 Euro und die Sanierung des Dachstuhls des Kloster Obermarchtals mit 114 040 Euro.

Privatleute werden auch unterstützt

Auch mutige Privatleute und Vereine, die sich dem Erhalt alter Gemäuer widmen, erhalten Geld, was besonders lobenswert ist, wenn dadurch Wohnraum erhalten bleibt: etwa bei der Gesamtinstandsetzung eines Wohnhauses mit Scheune in Wiernsheim im Enzkreis oder für diverse Handwerksrestaurierungen und Architektenleistungen für ein Wohngebäude in Pforzheim.

Bahnfahrer freuen wird dies – der Verein Eisenbahn-Belvedere-Pergola-Schwäbisch-Gmünd darf 500 000 Euro für die Voruntersuchung, Restaurierung, Instandsetzung und Bestandspflege der denkmalgeschützten Eisenbahn Belvedere Pergola in Schwäbisch Gmünd einplanen.

Denkmalpflege

Förderung
Das Land Baden-Württemberg unterstützt seit über 40 Jahren Denkmaleigentümerinnen und -eigentümer beim Erhalt ihrer Denkmale. Im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel können private Antragstellerinnen und Antragsteller eine Förderung von 50 Prozent bei spezifisch denkmalbezogenen Aufwendungen erhalten, Kirchen und Kommunen 33 Prozent. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Förderung besteht nicht. www.denkmalpflege-bw.de

Finanzen
Finanziert wird das Denkmalförderprogramm aus Landesmitteln, die der Landtag Baden-Württemberg beschlossen hat. Der überwiegende Anteil der Fördermittel stammt aus den Erlösen der Staatlichen Toto-Lotto GmbH Baden-Württemberg. Anträge auf Förderung aus Landesdenkmalmitteln können landesweit an das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart gerichtet werden. Darüber hinaus ist der Erhalt von Bau- und Kulturdenkmalen unter bestimmten Voraussetzungen auch steuerlich begünstigt.