Es gibt sie beim Oktoberfest, im Hamburger Hauptbahnhof, und nun beim Frühlingsfest. Im Hofbräu-Zelt wird Wirt Marcel Benz eine Notfall-App anbieten.

Die Frau fuchtelte mit einem Messer herum. Und drohte am Bahnhof Südkreuz in Berlin einen Lokführer zu attackieren. Eine Kollegin sah das, öffnete die Safe-Now-App auf ihrem Smartphone, drückte auf einen blauen Alarmknopf auf dem Gerät, ließ ihn los, im selben Moment schrillten die Handys bei Polizisten und Mitarbeitern der Bahn. Fast auf den Meter genau sahen die Helfer auf ihren Telefonen, wo der Alarm ausgelöst worden war. Drei Minuten später war die Polizei da, nahm die Frau fest. Dem Zugführer ist nichts passiert.

 

Warum die App?

Dieses Beispiel findet sich im Abschlussbericht der Bahn des drei Monate währenden Pilotprojekts am Bahnhof Südkreuz. Die Erfahrungen mit der App Safe Now waren so positiv, dass sie am Bahnhof in Hamburg eingeführt wird, auch im Schottenhammel-Zelt in München wird sie eingesetzt.

Und demnächst auch in Bad Cannstatt. Beim Frühlingsfest. Festwirt Marcel Benz wollte schon lange etwas tun, um das Sicherheitsgefühl seiner Gäste zu erhöhen. Die Anzahl der Einsätze gehe zwar Jahr für Jahr zurück, „aber man kann in dieser Hinsicht nie genug tun.“ Er wurde auf Safe Now aufmerksam, fragte bei Gründer Tilman Rumland, zahlt die Gebühr in einer Höhe, über die er nicht reden möchte, – und wird die App nun erstmals nutzen. „Meine Gäste verbringen fünf, sechs Stunden bei mir“, sagte er, „sie sollen sicher feiern können.“

Woher weiß die App, wo ich bin?

Und wie funktioniert das? Auf seiner Webseite, auf den Speisekarten, auf den Videoschirmen im Zelt weist Benz auf die App hin. Die kann jeder kostenlos herunterladen. Im Zelt werden so genannte Beacons aufgehängt, handflächengroße Kästen, die das Signal orten und die Ordner im Zelt alarmieren. „Wir wissen dann bis auf den Meter genau, woher das Signal kommt“, sagt Benz. Und man könne so noch schneller Hilfe leisten als bisher schon. Dies soll nicht nur der Aufklärung dienen, sondern auch der Vorbeugung. Er hofft, viele kritische Situationen unterbinden zu können, bevor sie eskalieren. Also etwa einen Streit unterbinden zu können, bevor die Fäuste fliegen.

Wie sind die Erfahrungen?

Schließlich sollen ja nicht nur Opfer sich melden, sondern auch Zeugen. „Da ist bisher die Hemmschwelle höher, zur Security zu gehen, etwas zu melden“, sagt Benz, „das wird nun einfacher.“ Zu einfach, womöglich? In Berlin lautete das Fazit: „Unter den 43 gemeldeten Alarmereignissen in den drei Monaten waren nur wenige Vorfälle, die vom Sicherheitspersonal als ungerechtfertigte oder missbräuchliche Nutzungen eingeschätzt wurden.“ Zum Vergleich: Die Bundespolizei hat in der Woche 25 Einsätze am Südkreuz.

5000 Menschen hatten die App heruntergeladen, Frauen und Männer gleichermaßen. Bei der Auswertung gaben „über 90 Prozent der Nutzerinnen und Nutzer der App stimmten zu, sich durch die App sicherer zu fühlen“.

Wie kann man die App noch nutzen?

Doch es gehe nicht nur um Straftaten, betont Benz. Medizinische Notfälle, Menschen trinken mehr als ihnen gut tut, Kinder gehen verloren, bei zigtausenden Menschen auf engem Raum passiert vieles. Die App lässt sich im übrigen auch dazu nutzen, um einen Alarm innerhalb einer Gruppe oder einer Familie zu senden.

Benz hofft, dass er ein Beispiel gibt. „Mein Traum wäre, dass die App in allen Zelten und auf dem ganzen Festplatz benutzt wird. Und warum nicht auch auf dem Bahnhof und dem Weg auf dem Platz.“ Anderswo jedenfalls ist man überzeugt. In München hat Christian Schottenhammel mittlerweile Safe Now nicht mehr nur in seinem Zelt, sondern auch im Paulaner-Restaurant und Biergarten auf dem Nockerherberg. Und die Bahn benutzt Safe Now mittlerweile auf dem Hauptbahnhof in Hamburg.