Für manche immer noch gewöhnungsbedürftig: Dirndl und Lederhose auf dem Cannstatter Wasen. Aber wenn, dann richtig – Dirndl-Designerin Kinga Mathe sagt, worauf es bei der Tracht ankommt.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Der Rock muss übers Knie gehen. Da ist Kinga Mathe nicht kompromissbereit. Kurze Dirndl, sagt die 43-jährige Dirndl-Designerin, sind schon seit ein paar Jahren passé. 13 Jahre lang hatte Mathe, die ursprünglich aus Ungarn stammt und als Jugendliche nach Deutschland kam, ihr Unternehmen in Stuttgart, während der Coronapandemie zog sie nach München. Prominente Oktoberfestbesucherinnen wie Sylvie Meis, Sandy Meyer-Wölden oder Lilly Becker tragen ihre Entwürfe. Vor ein paar Jahren machte die Designerin mit einem Luxusdirndl für 20 000 Euro Schlagzeilen. Vor dem Stuttgarter Frühlingsfest hat Kinga Mathe mit uns über Trachtentrends gesprochen.

 

Frau Mathe, welche Dirndlfarben sind in diesem Jahr angesagt?

Im Frühling sind es definitiv Pastellfarben. Besonders im Fokus steht dabei erfrischendes Lemon. Zur Oktober- und Volksfestzeit setzen wir auf eine Palette feuriger und zugleich mondäner Farben, die die festliche Stimmung widerspiegeln. Von Aqua über Grün bis hin zu warmen Erd- und Beerentönen.

Und welche Materialien müssen es sein?

Seide, Leinen und Organza sind sehr beliebt und setzen einen klaren Trend. Samt hat zeitlosen Charme und verleiht jedem Outfit eine besondere Note.

Im Frühling sind helle Dirndl-Farben schön. Foto: Kinga Mathe

Wie sehen die Dirndl-Blusen und Schürzen in diesem Jahr aus?

Der aktuelle Trend konzentriert sich vor allem auf auffällige Ärmel, Ballonärmel oder elegante Volants zum Beispiel. Für Schürzen steht Seide besonders hoch im Kurs.

Klären Sie uns auf: Wie muss die Dirndl-Länge sein?

Ganz klar, der Rock muss über das Knie gehen. Die Zeiten, in denen Röcke knapp geschnitten wurden, sind lange vorbei. Hochgeschlossene Dirndl werden auch immer beliebter und sehen sehr stilvoll aus.

Ihre Dirndl haben wenig „Chichi“, Schnürungen zum Beispiel sucht man vergebens. Werden Dirndl insgesamt wieder schlichter?

Wir setzen auf klassische Schnitte, die zeitlos sind. Ein Mieder und ein eleganter Rock sind die Grundlage. Trends setzen wir dann durch die Auswahl von Farben, Mustern und Materialien und bei den Blusen und Schürzen.

Wenn’s kühl wird: Lederjäckchen, Strickjacken und Janker passen zum Dirndl und halten warm. Foto: Kinga Mathe

Das Thema Schuhe wird ja immer wieder heiß diskutiert. Sneaker zum Dirndl – darf man das?

Letztendlich liegt die Wahl des Outfits ganz bei jedem Einzelnen. Mein persönlicher Tipp wäre jedoch, einen eleganten Stiefel oder einen schicken Pump zu wählen, die das Bein passend zum femininen Dirndl in Szene setzen. Im Vergleich dazu wirkt ein Sneaker oft etwas zu grob. Eine bequeme Alternative sind Ballerinas. Die liegen derzeit sowieso wieder im Trend und lassen sich hervorragend mit einem Dirndl kombinieren. Vor allem muss der Schuh aber bequem sein, damit man auch eine Weile durchhält.

Haben Sie noch einen Tipp für die perfekte Frisur zum Dirndl?

Der Haarreif veredelt jedes Outfit. Haarreifen sind bei meinen Kundinnen unheimlich beliebt.

Und was tragen die Männer auf dem Wasen?

In diesem Jahr gilt: Mut zur Farbe. Männer sollten in zeitlose Janker aus edlen Stoffen investieren – und dazu ein Hemd mit Stehkragen kombinieren.

Wie viel Geld muss man für ein Dirndl ausgeben? Oder anders gefragt: Wie kommt man an ein schönes, bezahlbares Dirndl?

Mein Tipp: Ein zeitloses Secondhand-Dirndl kaufen. Ich empfehle stets, in ein klassisches und qualitativ hochwertiges Dirndl zu investieren und dieses dann von Saison zu Saison durch den Wechsel von Schürzen oder Blusen zu variieren.

Was sagen Sie Kritikern, die Dirndl und Lederhose in Stuttgart albern und verkleidet finden?

Die haben noch nie eine Tracht von uns getragen.

Sie sind in Ungarn geboren und als Jugendliche nach Deutschland gekommen. Wie sind Sie früher auf den Wasen gegangen, als die Tracht in Stuttgart noch gar nicht verbreitet war? In Jeans?

Nein, noch nie! Ich gehe seit 16 Jahren auf den Wasen – von Tag eins nur im Dirndl.