Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir besucht gemeinsam mit dem Esslinger Bundestagsabgeordneten Sebastian Schäfer den Bioland-Bauernhof von Johanna und Matthias Schöllkopf beim Denkendorfer Erlachsee.

Dass Matthias Schöllkopf es nicht so mit den krawalligen Bauernprotesten hat, sondern vielmehr auf den demokratischen Weg setzt, machte er gleich in seiner Begrüßung von Cem Özdemir klar: „Demokratie lebt davon, sich zu beteiligen.“ Er selbst sitzt im Denkendorfer Gemeinderat.

 

Dem Minister wollte man vor Ort vor allem die Sorgen und Nöte der Biobauern vor Augen führen. Eigentlich, sagt Matthias Schöllkopf, plagen Bio- und konventionelle Landwirtschaft dieselben Probleme, Neben dem Klimawandel vor allem hohe Auflagen und bürokratische Hürden. Deshalb hätten sich Biolandwirte an den Protesten gegen den Wegfall der Subventionen auf Agrardiesel und Kfz-Steuer beteiligt. Auch Schöllkopf reihte sich einmal in die Protestierenden ein.

„Das ist Geld, mit dem wir rechnen“

2500 bis 3500 Euro pro Jahr würde für ihn der Wegfall der Subvention auf Agrardiesel ausmachen. „Das ist Geld, mit dem wir rechnen.“ Schließlich fahre kein Bauer unnütz auf dem Acker rum. Doch Parolen wie „Die Ampel muss weg“ seien nicht sein Ding. „Als Biolandwirtschaft grenzen wir uns klar davon ab. Wir setzen auf eine sachliche und fachliche Ebene, auf der wir natürlich politisch mitsprechen wollen.“ Dennoch sagt er: „Bürokratie und die ausufernden Auflagen überfordern Biobauern ebenso wie die konventionell arbeitenden Landwirte.“

Auch wenn der Kampf unter anderem gegen eine überbordende Bürokratie und eine große Regelungswut sowie für die Verlässlichkeit von Auflagen die Landwirte eint, kämpfe man dennoch nicht selten in unterschiedliche Richtungen. Während die konventionelle Landwirtschaft die Gentechnik etwa als Chance für resistentere Sorten sehe, die weniger krankheitsanfällig seien und dem Klimawandel besser trotzen können, wenden sich die Biolandwirte gegen eine Deregulierung des Gentechnik-Gesetzes und fordern weiterhin eine Kennzeichnungspflicht. Der Nachweis, dass sich gentechnisch veränderte Pflanzen nicht auf Nachbarflächen verbreiten, müsse beim Verursacher bleiben. „Es kann nicht sein, dass wir nun nachweisen müssen, dass unsere Bio-Produkte nicht gentechnisch verunreinigt sind.“ Auch Subventionen wünscht sich Schöllkopf nicht auf die Flächen bezogen, sondern darauf, „was ich auf meinen Flächen mache“.

Bauern verbringen heute einen nicht unerheblichen Teil ihrer Arbeitszeit am Schreibtisch. „Alles muss dokumentiert werden“, stöhnt Schöllkopf. Seine beiden mobilen Hühnerställe etwa öffnen ihre Türen automatisch zu bestimmten Zeiten. Trotzdem müsse er täglich aufschreiben, wann seine Hühner im Freien sind.

Özdemir gab allerdings zu bedenken, dass der Aufschrei groß wäre, wenn etwas passiere: „Dann heißt es, ‚wie könnt ihr so etwas zulassen‘.“ Er versprach jedoch, sich dafür einzusetzen, „dass Daten nicht zweimal eingegeben werden müssen und auch auf das notwendige Maß reduziert werden“.

Auflagen kollidieren mit anderen Auflagen, monierten die Bauern

Auch die Menge an unterschiedlichen Vorschriften beschäftigen die Bauern. Oft kollidierten Auflagen der einen Verordnung mit einer anderen. Selbst Mitarbeiter in Behörden hätten da keinen Überblick mehr und könnten die Landwirte nicht entsprechend beraten. Zudem änderten sich die Auflagen häufig rasch. „Wir tätigen riesige Investitionen in die Zukunft, die dann bald wieder hinfällig sind.“ Die Überdachung für den Auslauf seines vor drei Jahren gebauten Schweinestalls sei inzwischen zu groß und müsste reduziert werden. Auch seine erst drei Jahre alten Hühnermobile, in die Schöllkopf rund 140.000 Euro investiert hat, entsprechen bereits jetzt nicht mehr den Standards, weil Hygieneschleusen fehlen. Noch ist unklar, ob er sie nachrüsten muss. „Doch ohne größere Investition wäre das nicht möglich.“

Özdemirs Ziel ist klar: 30 Prozent ökologische Land- und Lebensmittelwirtschaft bis 2030. Schöllkopf und Christa Brockhaus-Henzler, die ebenfalls einen Bioland-Hof in Denkendorf betreibt, sehen das skeptisch: Das müsse man aus Überzeugung tun, nicht weil es dafür Geld vom Staat gebe. „Die innere Einstellung muss stimmen“, so Brockhaus-Henzler. Wichtig sei eine gute Aufklärung. Deshalb beteiligt Schöllkopf sich am vom Land geförderten Projekt „Lernort Bauernhof“. Schöllkopf fordert, dass die Landwirte in politische Entscheidungen einbezogen werden und in der Politik mehr Gehör finden: „Von der Streichung der Subventionen für Diesel und Kfz-Steuer habe ich aus dem Radio gehört.“

600 Hühner

Bioland-Hof: Seit 2012 bewirtschaften Johanna und Matthias Schöllkopf ihren Biohof in Denkendorf. Bewirtschaftet werden rund 75 Hektar nach den Kriterien des Bioland-Verbands. Die Schöllkopfs bauen Gemüse an und halten in zwei mobilen Ställen rund 600 Hühner. Außerdem sind 16 Rinder und 14 Schweine auf dem Hof heimisch.

Hofladen: Im Hofladen werden ausschließlich selbst produzierte Bioland-Produkte verkauft. Er ist mittwochs von 16 bis 18 Uhr und samstags von 9 bis 12 Uhr geöffnet. www.biohof-schöllkopf.de