Die Bundesregierung beginnt mit der Aufstellung des Haushalts. Es dürften schwierige Verhandlungen werden, das Konfliktpotenzial ist hoch.

Berlin: Tobias Heimbach (toh)

Wofür gibt der Staat Geld aus? Das ist eine Frage, die viel mehr ist als simple Buchhaltung. Denn der Bundeshaushalt ist in Zahlen gegossene Politik. Wo kommt das Geld her, wofür gibt man es aus – an solchen Fragen sieht man, welche Schwerpunkte eine Regierung setzt. Am Donnerstag begannen die Verhandlungen innerhalb der Bundesregierung für 2025. Ein Überblick.

 

Wie ist die Ausgangslage?

Schwierig. Deutschlands Wirtschaft stagniert. Das Wirtschaftswachstum wird laut der Prognose des Münchener Ifo-Instituts in diesem Jahr lediglich 0,2 Prozent betragen. Das hat zur Folge, dass die Steuereinnahmen wohl nicht in großem Umfang steigen werden. Auch das Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Ende 2023 hallt nach: Ursprünglich hatte die Ampel umgewidmete Kredite in Höhe von 60 Milliarden Euro für diese Legislatur eingeplant. Doch das war nicht rechtens. Nun fehlt dieses Geld.

Finanzminister Christian Lindner (FDP) schwört seine Kabinettskollegen auf harte Zeiten ein: „Deutschland steht vor großen wirtschafts- und finanzpolitischen Herausforderungen“, schrieb er in einem Brief an die anderen Ministerien, der dieser Redaktion vorliegt. Es bestehe „ein deutlicher struktureller Konsolidierungsbedarf“. Im Klartext: Es muss gespart werden. Bislang, so ist zu hören, geht es um einen „niedrigen zweistelligen Milliardenbetrag“.

Wie laufen die Verhandlungen ab?

Lindner wählt ein anderes Verfahren als bislang üblich. Normalerweise präsentieren die Ministerien ihre Ausgabenvorschläge. Diese sind häufig massiv überzogen, im letzten Jahr meldeten sie einen Mehrbedarf von 70 Milliarden Euro an. Dies geschieht immer mit dem Hintergedanken, sich herunterhandeln zu lassen – damit am Ende ein kleines Plus übrig bleibt.

Lindner hält dieses Verfahren in diesem Jahr für „nicht zielführend“. Der Finanzminister legt stattdessen die Etatwerte aus dem aktuellen Haushalt als Obergrenze an. Doch auch das dürfte nicht zu finanzieren sein. Lindner forderte in seinem Brief daher alle Ressorts auf „weitere Einsparmöglichkeiten in der jeweiligen Zuständigkeit zu entwickeln“. Bis zum Sommer soll der Regierungsentwurf stehen.

Was sind die Konfliktpunkte?

Ein Problem ist, dass sehr unterschiedliche Vorstellungen in der Koalition darüber herrschen, wo gespart werden soll. Die FDP dürfte vorschlagen, im Sozialbereich zu kürzen. SPD und Grüne lehnen das ab und fordern stattdessen höhere Steuern oder neue Schulden. Das wiederum ist nicht mit der FDP zu machen. Eine Ausnahme von der Schuldenbremse dürfte in diesem Jahr schwierig zu begründen sein, denn dafür braucht es laut Grundgesetz eine außergewöhnliche Notsituation. Die ist nicht in Sicht. Kanzler Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hatten mit Lindner aber vereinbart, dass eine Ausnahme gezogen werden könnte, sollte sich die Lage der Ukraine im Krieg gegen Russland verschärfen.

Könnte die Ampel am Streit zerbrechen?

Führende FDPler hatten mehrfach ihren Unmut über die Ampel geäußert. Innerhalb der Koalition halten es manche für möglich, dass die Liberalen die Koalition an dieser Frage platzen lassen – insbesondere wenn die FDP bei der Europawahl ein weiteres schlechtes Wahlergebnis einfährt. Als Grund könnte man dann anführen, es gebe unüberbrückbare Vorstellungen, an welcher Stelle gespart werden kann.

Wer leitet die Verhandlungen?

Lange Zeit lagen die Haushaltsverhandlungen in der Hand von Werner Gatzer. Er war insgesamt 18 Jahre Staatssekretär und erarbeitete sich den Spitznamen „Mister Haushalt“. Doch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts versetzte Lindner ihn zum Jahresende 2023 in den Ruhestand. Sein Nachfolger ist Wolf Reuter, er war zuvor Chefvolkswirt im Ministerium. Dieser Haushalt ist der erste, den er in Alleinregie aufstellen wird – der schwierigste seit Jahren.