In Stuttgart sind abermals mehr Autos unterwegs. Doch um die Deutungshoheit über die Auto-Zulassungszahlen in der Landeshauptstadt wird zäh gerungen.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Auf Stuttgarts Straßen rollen zu viele Autos, die überdies die Luft in der Stadt über Gebühr mit Lärm und Schadstoffen füllten. So lautet das Mantra von Oberbürgermeister Fritz Kuhn. Der Grüne an der Rathausspitze in der Landeshauptstadt setzt dieser von ihm konstatierten Misere seinen Aktionsplan „Nachhaltig mobil in Stuttgart“ entgegen. „Die Strategie ist längerfristig ausgerichtet“, sagt der Stadtsprecher Sven Matis.

 

Zulassungszahlen steigen weiterhin

Kurzfristig scheint sich der Erfolg zumindest nicht einstellen zu wollen. Diesen Schluss legt eine Wortmeldung der Kraftfahrzeug-Innung in der Region nahe. Fast poetisch hat das Kfz-Gewerbe ein „Frühlingserwachen auf dem Automarkt“ ausgemacht. Laut dem Verband sind in Stuttgart im März die Zulassungen von Neuwagen im Vergleich zum Vorjahresmonat um 6,6 und die von Gebrauchtwagen gar um 10,9 Prozent gestiegen.

Einen Wermutstropfen hat die Innung allerdings doch ausgemacht. Die Autostadt Stuttgart rangiert mit diesen Werten unter dem Bundesdurchschnitt. Deutschlandweit legten die Neuzulassungen im März um neun Prozent zu. „Da ist noch Luft nach oben“ , sagt Roger Schäufele, der Kreisvorsitzende der Kraftfahrzeuginnung.

Zahl der Privat-Pkws steigt nur moderat an

Über die „Luft nach oben“ macht man sich auch im Rathaus viele Gedanken – allerdings weniger im Sinne der Kfz-Innung. „Fakt ist: es gibt zu viel Stau, Stress, Lärm und Feinstaub. An dieser Erkenntnis führt trotz aller Bemühungen der vergangenen Jahre kein Weg vorbei“, sagt der Stadtsprecher Sven Matis. Es gehe aber nicht um die Frage, ob man für oder gegen Autos sei.

Zumindest ein Großteil der Stuttgarter hängt an seinem fahrbaren Untersatz. Von 2013 bis 2014 hat deren Zahl in der Landeshauptstadt nochmals um 4835 zugenommen. Ende 2014 waren in Stuttgart laut Thomas Schwarz, Chef des Statistischen Amts der Stadt, 331 273 Kraftfahrzeuge zugelassen. Die Zahl der Privatautos ist allerdings im vorigen Jahr mit einem Plus von 0,6 Prozent allenfalls moderat gestiegen.

Für den Statistiker Schwarz ist ohnehin ein anderer Wert viel interessanter: der sogenannte Besatz – die Zahl der privaten Pkws je 1000 Einwohner. Dieser Wert sinkt seit Jahren – wenn auch nur leicht. Kamen 2010 auf 1000 Stuttgarter 382 private Pkws, so sank der Wert über 379 (2013) auf 377 Ende 2014. Dass aber unter dem Strich trotzdem mehr Autos mit einem S-Kennzeichen unterwegs sind, liegt an einer anderen, im Rathaus erfreut zur Kenntnis genommenen Entwicklung: Allein im vergangenen Jahr ist die Einwohnerzahl um 7000 gestiegen. Die Zunahme an Autos blieb unter diesem Wert.

Im Rathaus glaubt man fest an den Bewusstseinswandel

Das Automobilgewerbe bleibt dennoch zuversichtlich, auch wenn ihm die jüngsten Erfolge selbst nicht ganz geheuer zu sein scheinen. „Wenn uns einer zum Jahresanfang gesagt hätte, dass es weiter Zuwachs gibt, hätten wir das eher nicht geglaubt“, sagt Innungsobermeister Torsten Treiber. Schließlich habe es bereits zum Jahresanfang einen Rekordbestand gegeben. „Da wird es immer schwerer, das zu toppen.“

Im Rathaus glaubt man auch fest an einen Bewusstseinswandel in der Bevölkerung. Stadtsprecher Sven Matis liefert Zahlen zum Pendlerverhalten. So habe sich von 2005 bis 2013 der Anteil der Personen, „die mit dem Auto zur Arbeit oder zur Ausbildung fahren, von 56 auf 50 Prozent reduziert, während sich der Anteil der Personen, die dafür den ÖPNV nutzen, von 35 auf 45 Prozent gesteigert hat“, betont Matis.

Die Innung sieht das naturgemäß anders. Mit Blick auf die Märzzahlen sagt Innungsobermeister Treiber: „Es wird schon seit Jahren behauptet, dass die Menschen in der Stadt kein Auto brauchten. Es scheint aber nicht ohne zu gehen.“