Noch steht das eindrucksvolle „Haus Gugel“ in der Leibnizstraße 83 auf seinem Fundament. Eine Gruppe Stuttgarter Amateur-Architekturhistoriker recherchiert seit vier Jahren zum Leben des Architekten Hans Zimmermann.

Stuttgart - Noch steht das eindrucksvolle „Haus Gugel“ in der Leibnizstraße 83 auf seinem Fundament. Sobald das Landesdenkmalamt seine Dokumentation abgeschlossen hat, soll das 1927 erbaute Haus jedoch abgerissen werden und einem Neubau Platz machen. Die einmalige Bauweise des Holzhauses ist mittlerweile oft beschrieben. Doch über den Architekt, Hans Zimmermann, ist noch wenig öffentlich bekannt. Eine Gruppe Stuttgarter Amateur-Architekturhistoriker recherchiert seit vier Jahren zum Leben von Hans Zimmermann und möchte dazu eine Publikation und eine Ausstellung realisieren.

 

Der große Durchbruch gelang Zimmermann nicht

Frank-Michael Lange, ein promovierter Geologe, beschäftigt sich seit mehr als 20 Jahren mit der südwestdeutschen Architekturgeschichte des Neuen Bauens. Zusammen mit Margrit Timme, der Besitzerin des von Zimmermann erbauten „Haus Schottländer“, Ariane Vatovac und Neda Pahlevan-Shanen durchforstete er Bibliotheken, sichtete Dokumente und Briefe und interviewte noch vor ihrem Tod 2011 Gabriele Stegmüller-Zimmermann, eine der Töchter des Architekten aus Stuttgart.

Es ergibt sich ein Bild von einem aufstrebenden Architekten, der bei Größen der Branche studierte und arbeitete. Der große Durchbruch gelang jedoch nicht: „Er war kein national oder international renommierter Architekt. Doch in Stuttgart hatte er einen guten Namen. Hier hat er mindestens fünf Häuser gebaut“, sagt Lange. Das ist kein Wunder, denn immer wieder durchkreuzte die wechselhafte Geschichte des 20. Jahrhunderts seinen Lebensplan.

Studiert bei Paul Bonatz, bekannt mit Le Corbusier

Hans Zimmermann wird am 14. September 1887 in Stuttgart geboren. Sein Vater Friedrich war Redakteur und Autor eines buddhistischen Lehrwerks, seine Mutter Auguste stammt aus einer jüdischen Familie. Nach einer Schreinerlehre studiert er in Berlin und Stuttgart Architektur, unter anderen auch bei Paul Bonatz, der ihm ein Empfehlungsschreiben ausstellt. Er lernt den Architekten Le Corbusier kennen, mit dem er Spaziergänge unternimmt und von dem er ebenfalls ein schriftliches Lob erhält. Ab 1910 arbeitet er in den Büros von Peter Behrens und Bruno Taut, die beide Häuser für die Werkbundausstellung „Die Wohnung“ 1927 beim Weißenhof entwerfen. Nach dem Ersten Weltkrieg macht er sich selbstständig und heiratet 1921 Amalie Pfeiffer, eine Tochter des bekannten Stuttgarter Klavier- und Flügelfabrikanten. Während der Wirtschaftskrise in den 1920er Jahren arbeitet er in der Fabrik seines Schwiegervaters.

Mit der Schwester die „Stuttgarter Kleinküche“ entworfen

Zwischen 1926 und 1933 kann Hans Zimmermann einige Projekte realisieren, darunter auch die Häuser Schottländer und Gugel sowie eine Villa für die Familie Pfeiffer. Zusammen mit seiner Schwester Hilde entwirft er die „Stuttgarter Kleinküche“ für die Werkbundausstellung 1927. Zunächst ist er als Architekt für die Werkbundausstellung 1932/33 vorgesehen, doch die an die Macht gekommenen Nationalsozialisten verhindern dies. Weil seine Mutter Jüdin war, erhält Zimmermann Berufsverbot. Er findet eine Anstellung als technischer Zeichner bei der Firma Ernst Heinkel. Seine Schwester Hilde dagegen wird aus ihrem Beruf gedrängt und emigriert schließlich nach England.

Nach dem Krieg arbeitet Hans Zimmermann wieder als Architekt im vom Krieg zerstörten Stuttgart. Er leitet den Wiederaufbau des Hotel Silbers, der ehemaligen Gestapo-Zentrale – einer der Behörden, die ihn Jahre zuvor verfolgten. Nach einer schweren Krankheit stirbt Hans Zimmermann 1954. Er ist in dem von ihm gestalteten Grab der Familie Pfeiffer auf dem Waldfriedhof beerdigt.