Laut US-Wetterbehörde ist der Sonnensturm, der auch über Deutschland für beeindruckende Polarlichter gesorgt hat, der stärkste geomagnetische Sturm seit 2003. Und: Er ist noch nicht vorbei.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Der Sonnensturm, der in der Nacht von Freitag auf Samstag (10. auf den 11. Mai) auch über Deutschland für wunderschöne Polarlichter sorgte, ist nach Angaben der amerikanischen Wetterbehörde NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration) der stärkste geomagnetische Sonnensturm seit dem Jahr 2003. Da weitere koronale Massenauswürfe auf dem Weg von der Sonne zur Erde seien, sei sehr wahrscheinlich, dass die geomagnetischen Stürme über dieses Wochenende anhalten würden, so die NOAA.

 

Polarlichter über Deutschland

In der Nacht von Freitag auf Samstag waren in mehreren Regionen Deutschlands Polarlichter von kristalliner Klarheit zu sehen. Über dem Schwarzwald in Baden-Württemberg leuchtete es magenta, im brandenburgischen Landkreis Oder-Spree gab es violett-blau-grüne Farbspektakel und über dem Brocken im Harz färbte sich der Himmel purpur. Auch in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen wurden beeindruckende Bilder von Polarlichtern aufgenommen.

Koronale Massenauswürfe der Sonne

Ursache für das seltene Schauspiel sind Sonnenstürme, sogenannte koronale Massenauswürfe (CME), die auf das Magnetfeld der Erde treffen. Die Stärke eines solchen Sturms wird laut Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung in drei fünfstufigen Kategorien angegeben, von denen Kategorie G geomagnetische Effekte, ausgelöst durch die Plasmawolke, beschreibt. Kategorie S meint hingegen durch hochenergetische Teilchen verursachte Strahlungseffekte und Kategorie R durch den Röntgenblitz ausgelöste Radiostörungen.

Zum aktuellen Sonnensturm erklärte die US-Wetterbehörde NOAA in der Nacht zu Samstag, „G5-Konditionen“ beobachtet zu haben. Diese höchste Stufe sei zuletzt bei den sogenannten „Halloween-Stürmen“im Oktober 2003 festgestellt worden, welche zu Stromausfällen in Schweden und zur Beschädigung von Transformatoren in Südafrika geführt hatten.

Geomagnetische Stürme halten weiter

Bereits zuvor hatte die NOAA die Betreiber von wichtiger Infrastruktur in den USA, darunter jene von Satelliten und Stromnetzen sowie Fluggesellschaften, gewarnt, Vorsichtsmaßnahmen für entsprechende Störungen zu ergreifen.

Ursprungsregion der Sonnenstürme ist den NOAA-Experten zufolge ein großer, komplexer Sonnenfleckcluster, der etwa 17-mal so groß wie der Durchmesser der Erde sei. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die geomagnetischen Stürme bis zum Wochenende anhalten werden, da mehrere zusätzliche koronale Massenauswürfe auf dem Weg in die äußere Atmosphäre der Erde sind“, erklärt die NOAA. Allerdings prognostiziert die US-Behörde zunächst keinen weiteren Sonnensturm in G5-Stärke.

Sonne als Sicherheitsrisiko

  • Strahlung: Von der Sonne, diesem gigantischen Gasball im Weltall, geht permanent Strahlung aus. Die mit den Sonnflecken verbundenen starken Magnetfelder können große Wolken heißen Gases aus den Außenschichten der Sonne ins All schleudern. Diese Gaswolken sind elektrisch geladen und stören daher das terrestrische Magnetfeld, wenn sie die Erde kreuzen.
  • Chromosphäre: Ist eine solche Strahlung innerhalb der Gasschicht der Sonne – der sogenannten Chromosphäre – besonders stark, kann sie auf der Erde erheblichen Schaden anrichten. Wenn diese sogenannten Sonnenwinde zudem kurzzeitig besonders intensiv sind und die Eruption – auch koronaler Masseauswurf genannt – lokal deutlich stärker ist, spricht man von einem Sonnensturm.
Von der Sonne, diesem gigantischen Gasball im Weltall, geht permanent Strahlung aus. Die mit den Sonnflecken verbundenen starken Magnetfelder können große Wolken heißen Gases aus den Außenschichten der Sonne ins All schleudern. Foto: Imago/Chromorange
  • Sonnenzyklus: Die Sonnenflecken treten in einem etwa elfjährigen Zyklus vermehrt auf. Aktuell befindet sich die Sonne im Solarzyklus 25 und nach Daten der NOAA hat die Zahl der Sonnenflecken bereits das Maximum des vorhergehenden übertroffen. „Allerdings muss auch betont werden, dass Zyklus 24 ein extrem schwacher Zyklus war“, erklärt Sami Solanki, Direktor am Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung (MPS). Die Zahl der Sonnenflecken liege über alle Solarzyklen hinweg gesehen derzeit in einem mittleren Bereich.
  • Magnetfeld: Eine höhere Zahl von Sonnenflecken ist laut Solanki ein Zeichen dafür, dass das Magnetfeld der Sonne stärker und sie selbst aktiver ist. Es gebe dann mehr Massenauswürfe, bei denen ein Teil der Atmosphäre der Sonne einfach rausgeschleudert werde in den interplanetaren Raum, so der Forscher.
  • Entstehung: Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) erklärt die Entstehung von Sonnenflecken so: Permanent wirbelt heiße Materie aus dem Inneren der Sonne an die Oberfläche. Dieser Vorgang kann durch lokale Verstärkungen des Magnetfelds der Sonne behindert werden. Die Folge: Es entstehen etwas kältere Stellen auf der Sonnenoberfläche, die als Sonnenflecken sichtbar werden.
  • Stärke: „Ein Sonnenfleck besteht aus einem sehr starken Magnetfeld. Das ist mehrere Tausendmal so stark wie das Magnetfeld der Erde“, erläutert Solanki. „Das heißt, es kommt dort sehr viel weniger Energie an die Oberfläche und es kann auch viel weniger abgestrahlt werden. Und deshalb erscheinen die Flecken dunkel.“
  • Eruption: Je mehr Sonnenflecken Experten entdecken, desto wahrscheinlicher sind Sonneneruptionen. Der europäischen Raumfahrtbehörde Esa zufolge können dabei hochenergetische Teilchen in einer Dimension von mehreren Zehnmilliarden Tonnen ins All geschleudert werden. Sie können innerhalb von Stunden auch zur rund 150 Millionen Kilometer entfernten Erde gelangen. Der Schutzschild der Erde, die Magnetosphäre, „wird dabei wie eine Seifenblase auseinandergezogen und kann sozusagen reißen“. Die Teilchen können dann in das Magnetfeld eintreten.
  • Folgen: Dies könne zu „wunderschönen Sachen wie Polarlichtern“» führen, aber auch zu Satellitenschäden, betont Solanki. Auch der Zusammenbruch eines Stromnetzes sei möglich. „Das ist schon passiert, meistens in etwas höheren Breiten. Aber wir haben die letzten 150 Jahre keinen so richtig großen Sonnensturm gehabt. Es kann also noch schlimmer kommen.“