Die Kastanie, die Ende Juli in der Haußmannstraße aus dem Boden gerissen wurde, ist zu stark beschädigt, um wieder eingepflanzt zu werden.

Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, ist noch immer schockiert. Im Frühjahr vergangenen Jahres hatte sie eine Baumpatenschaft für zwei junge Kastanien in der Haußmannstraße übernommen. Weil die Bäume an diesem Standort seit Jahren wiederholt illegal gefällt wurden, wollte sie ein Zeichen setzen und veranlasste Nachpflanzungen, gemeinsam mit Vertretern des Garten-, Friedhofs- und Forstamts.

 

Rund 15 Monate später ist die Hoffnung, dass gegenüber der Hausnummer 46 eines Tages zwei stattliche Bäume stehen werden, zunichtegemacht. Zumindest vorerst. Unbekannte – ein Zeuge berichtet von drei Männern im Alter von etwa 17 bis 25 Jahren – haben in der Nacht auf Freitag, 28. Juli, eine Kastanie umgebogen, sie dadurch aus dem Boden gerissen und anschließend über eine Mauer in einen Garten geworfen, beim zweiten Baum blieb es beim Versuch.

Kronen und Wurzeln stark beschädigt

„Leider hilft es nicht, den Baum wieder einzusetzen“, sagt Marie Kraft, Sprecherin der Stadt. „Die Krone und die Wurzeln sind so stark beschädigt, dass keine Aussicht auf ein erneutes Anwachsen des Baumes besteht.“ Besser sieht es bei der zweiten Kastanie aus. „Sie wurde umgebogen, aber nicht umgeknickt.“ Und auch nicht herausgerissen. Bereits am Tag nach der Tat haben städtische Mitarbeiter die Holzstützen, die den Stamm stabilisieren, erneuert. „Wir sind entsetzt und können nicht nachvollziehen, warum wertvolle Klimabäume vorsätzlich zerstört werden“, sagt Kraft. Die Verwaltung wird nun mit Patin Kienzle das weitere Vorgehen besprechen. Klar ist, dass die Stadt Anzeige gegen Unbekannt erstatten wird.

„Ich hoffe, dass der zweite Baum gesund ist“, sagt Kienzle. Auch wenn man diese Zerstörungswut, diese destruktive Gewalt wohl nicht verhindern könne, spricht sie sich klar für eine erneute Nachpflanzung im Herbst aus. „Ansonsten würden wir aufgeben. Der negativen Energie muss man positiv begegnen.“ Vielleicht könne man die jungen Kastanien einzäunen, bis sie etwas größer sind. „Wir schützen Leben. In der überhitzten Stadt ist es schon schwierig genug, neue Bäume zu pflanzen.“

Kapitulation ist auch aus Sicht von Ulrich Wecker, Geschäftsführer von Haus und Grund, keine Option. Weil die Geschäftsstelle des Stuttgarter Eigentümervereins nur 400 Meter von der besagten Stelle entfernt liegt, kommt er dort regelmäßig vorbei. „Ich finde die Taten echt traurig und schockierend – sowohl aus klimatologischer Sicht als auch mit Blick auf die Stadtverschönerung.“ Dementsprechend würde er sich gerne ebenfalls engagieren – und zumindest die Kosten für den neuen Baum übernehmen.