Muttermilch bietet für Neugeborene, insbesondere auch für Frühgeborene gesundheitliche Vorteile. Damit möglichst viele Frühgeborene und kranke Neugeborene mit Muttermilch versorgt werden können, gibt es im Klinikum Stuttgart eine Frauenmilchbank.

Im Klinikum Stuttgart werden auf drei Stationen jährlich rund 1200 Frühgeborene und kranke Neugeborene behandelt. Die Klinik für Neonatologie und neonatologische Intensivmedizin und die Frauenklinik sind die Kernkliniken des Perinatalzentrums (PNZ) Stuttgart am Klinikum Stuttgart, eines der leistungsstärksten und größten PNZs in Deutschland. Hier werden Frühgeborene behandelt, die besondere Pflege und Überwachung benötigen. Von der Grundversorgung bis zur Intensivmedizin wird das gesamte Spektrum der Neugeborenenmedizin abgedeckt.

 

Muttermilch: Superfood für Babys

Eine Erkrankung, die besonders Frühchen erleiden können, ist die nekrotisierende Enterokolitis, eine lebensbedrohliche Darmerkrankung. Eine Ernährung mit Muttermilch kann das Risiko der Kleinen daran zu erkranken erheblich senken. Zudem kommt es bei Frühchen, die mit Muttermilch versorgt werden, viel seltener zu Infektionen und das Risiko für die chronische Lungenerkrankung des Frühgeborenen wird neben anderen Komplikationen der Frühgeburtlichkeit reduziert.

Glücklicherweise gibt es im Klinikum Stuttgart eine Frauenmilchbank, so dass Säuglinge mit ausreichend Muttermilch versorgt werden können. Denn diese versorgt das Neugeborene mit allen Nährstoffen, unterstützt das Immunsystem und senkt das Risiko für Infektionen – ein echtes Superfood.

Muttermilch spenden für Frühgeborene

„Die Kleinsten profitieren von der Frauenmilch also sehr“, sagt Dr. Zoubida El Hafid, Oberärztin der Klinik für Neonatologie des Klinikums Stuttgart. Die Leiterin der Frauenmilchbank ist auch Koordinatorin der NEO-Milk-Studie für das Klinikum Stuttgart, deren Ziel es ist, die Ernährung frühgeborener und neugeborener Kinder weiter zu optimieren. Viele Frühchen müssen direkt nach der Geburt auf die Intensivstation, weil ihre Organe noch nicht ausreichend entwickelt sind. Eine belastende Situation für frischgebackene Eltern.

Bei der Geburt ist nur ein wenig Vormilch in der Brust und der Prozess der Milchbildung kommt erst in den Tagen nach der Geburt in Gang. Frühgeborene benötigen aber von Anfang an eine kalorienreiche Ernährung. Bei Müttern von Frühgeborenen können Stress, psychischer Druck und der eigene Gesundheitszustand zusätzlich den empfindlichen Vorgang der Milchbildung stören. „Deshalb freue ich mich sehr, dass wir jetzt dank des Engagements des Förderkreises Neonatologie für das frühgeborene und kranke neugeborene Kind e.V. eine Frauenmilchbank am Olgahospital haben“, sagt Prof. Dr. Dr. Neysan Rafat, Ärztlicher Direktor der Klinik für Neonatologie.

Ernährung des Babys von Beginn an gewährleistet

Die Kinder von Frühchen-Mamas erhalten bei der Frauenmilchbank Milch von anderen Müttern auf der Station. Somit ist die optimale Ernährung des Babys von Beginn an gewährleistet. Die Mütter können in der Zeit, bis ihre eigene Milch zur Versorgung ihres Kindes ausreicht, ihre Babys mit Spenderinnenmilch versorgen, dadurch die Geburt in Ruhe verarbeiten und ihrem Körper die Zeit geben, die er braucht. Hat die Milchproduktion bei einer Frau einmal eingesetzt, ist dies meist mehr als genug für das eigene Kind. Deshalb kann die restliche Milch an andere Babys abgegeben werden. So entsteht ein Kreislauf, der die Sorgen um das Kind und den Druck auf die Mutter verringert.

Die Gründung der Frauenmilchbank hat Verena Schüßler, erste Vorsitzende des Förderkreises Neonatologie von 2018 bis 2024, angestoßen. Sie kennt das Problem selbst: „Nach der Frühgeburt meiner Tochter hatte ich glücklicherweise viel Milch. Gerne hätte ich anderen Müttern, die selbst um jeden Tropfen kämpften, und ihren Babys etwas von meiner Milch abgegeben. Doch es gab keine passende Einrichtung dafür im Klinikum. Das wollte ich ändern und bin auf die Suche nach Fördermöglichkeiten gegangen“, erinnert sie sich. Über einen Zeitraum von fast drei Jahren akquirierte Verena Schüßler mit dem Förderkreis Neonatologie die nötigen Gelder. So konnte die Frauenmilchbank im Olgahospital eingerichtet werden.

Milchspende zur Unterstützung frischgebackener Familien

Dazu wurde ein Raum zur Verfügung gestellt, der mit Geräten zur Milchaufbereitung sowie mit Kühlgeräten ausgestattet wurde. Mithilfe eines speziellen Sets können die Spenderinnen ihre überschüssige Milch abpumpen und in kleine Fläschchen füllen. Diese werden dann in der Milchbank mikrobiologisch untersucht, pasteurisiert, also hoch erhitzt, um Keime abzutöten und dann kühl eingelagert. Somit sind die Portionen bereit, an Frühchen verfüttert zu werden, die sie dringend benötigen. Alle für das Baby wichtigen Nährstoffe der Milch bleiben bei diesem Prozedere erhalten.

Milch spenden können Mütter, die selbst gerade ein Kind im Klinikum Stuttgart zur Welt gebracht haben. „Die Auswahlkriterien sind streng und die Spende erfolgt nach einem genauen Ablaufplan“, erklärt Carola Reger, Stillberaterin an der Klinik für Neonatologie. „Wir kennen alle Mütter persönlich und begleiten sie eng bei dem Prozess der Muttermilchspende.“ Dadurch können die Bedürfnisse von Spenderin und Empfängerin individuell aufeinander abgestimmt werden. Zudem unterliegt die Spende neben einer ausführlichen Anamnese strengen Hygienemaßnahmen, ähnlich wie bei einer Blutspende. Neben der neuen Frauenmilchbank ist auch das Team der Stillberatung am Klinikum Stuttgart eine wichtige Unterstützung für frischgebackene Familien.

Stillberatung am Klinikum Stuttgart

„Die gezielte Unterstützung der Mütter in Bezug auf die Milchbildung und das Stillen ist eine wichtige Basis für das Gedeihen und Wachsen unserer Kleinsten“, sagt Inge Kauer, ebenfalls Stillberaterin an der Klinik für Neonatologie. Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen hilft sie Frühchen-Müttern deshalb, den Milchfluss in Gang zu bekommen, indem er mithilfe einer Milchpumpe regelmäßig angeregt wird. Denn oft ist das Baby noch zu schwach zum Saugen.

Die Kinderhilfsaktion Herzenssache von SWR, SR und SpardaBank unterstützt das Team der Stillberatung durch die Finanzierung einer Personalstelle. Schon viele Frauen haben seit der Einweihung im Juni 2023 ihre Milch in der Klinik für Neonatologie und neonatologische Intensivmedizin gespendet, freut sich Stillberaterin Christina Schlag. So konnte dank der neuen Milchbank schon vielen Frühchen geholfen werden, damit sie gesund in ihr Leben starten können.

Förderkreis Neonatologie e.V.

Jedes Jahr kommen über 1000 Babys als Frühgeburt oder als krankes Neugeborenes zur Welt. Die Betroffenen befinden sich plötzlich in einer absoluten Ausnahmesituation und sind gezwungen damit umzugehen. Der Förderkreis Neonatologie für das frühgeborene und kranke neugeborene Kind e.V. bietet für betroffene Eltern und Kinder Unterstützung. Zum Angebot gehören speziell auf die Bedürfnisse des Babys und Eltern abgestimmte Kurse, wobei die Kosten vom Förderkreis übernommen werden. Zudem erhalten Familien auch finanzielle Unterstützung in Notsituationen, um beispielsweise Fahrtkosten abzudecken, die sich bei einem längeren Klinikaufenthalt summieren. Damit das Pflegefachpersonal der Neonatologie die hochqualifizierte Betreuung der Patienten leisten kann beteiligt sich der Förderkreis an deren Fortbildungskosten. Der Förderkreis ist auf Spenden angewiesen. Interessierte finden alle Informationen auf der Webseite des Förderkreises.