Sie schnitzen Karotten in Herzen und schreiben fantasievolle Gutscheine – zum Muttertag legen sich die Töchter unserer Autorin richtig ins Zeug.

Freizeit und Unterhaltung: Theresa Schäfer (the)

Wenn der Geruch verbrannten Toasts in der Luft hängt und es aus der Küche bedenklich scheppert – dann ist Muttertag. Meist liege ich am zweiten Sonntag im Mai ab 6.23 Uhr wach und lausche auf die Geräusche, die aus der Küche zu mir heraufdringen: Ein Küchenhocker, der quietschend über den Boden geschoben wird, um an die Blumenvasen im obersten Regal zu kommen. Wild blubberndes Eierwasser. Ein kurzes Wortgefecht darüber, wer den Espressokocher befüllen darf. Wäre mein Leben ein Donald-Duck-Comic, er würde sich an diesem Tag so lesen: Rumms! Polter! Krach!

 

Zum Muttertag legen sich meine Töchter stets ordentlich ins Zeug. Ich kann mich wirklich nicht beklagen – sie bieten das volle Programm: In Buchstaben geschnitzte Gurkenscheiben ergeben auf meinem Teller die Worte „Liebe Mama“. Dazwischen: Karottenherzen. Schon ganz früh streifen sie im Schlafanzug durch den taunassen Garten, um an der Hecke zu den Nachbarn Flieder abzuschneiden. Die Qualität des mit Liebe und Lärm zubereiteten Frühstücks hat sich übrigens mit den Jahren deutlich verbessert: Aus Sechzehneinhalb-Minuten-Eiern sind inzwischen perfekte Sechseinhalber geworden.

Fünf Mal Spülmaschine ausräumen

Geschenkt kriege ich auch was. Die Jahre, in denen Kindergärtner und Grundschullehrerinnen dafür sorgten, dass an Muttertag Selbstgebasteltes parat war, sind inzwischen vorbei. Ganz hoch im Kurs stehen jetzt Gutscheine. Fünf Mal Spülmaschine ausräumen. Ein Couchabend mit einem Film meiner Wahl (wahrscheinlich enden wir aber doch wieder bei „Ice Age 3“, „Shrek 4“ oder „Bibi und Tina“). Oder, mein Favorit: Drei Mal Gitarre respektive Querflöte üben – „ohne Motzen“.

Ein ähnliches Programm spulen die Mädels selbstverständlich auch am Vatertag ab – gleiches Recht für alle. Den Weltkatzentag begehen wir bei uns auch: Dann bekommt der Kater liebevoll in Zeitungspapier verpacktes Trockenfutter geschenkt. So sehr verausgaben sich die Kinder für ihre Altvorderen, dass Zwilling Nummer eins einmal erschöpft seufzte: „Wann ist eigentlich Kindertag?“

Als Molly Kimmel, die Ehefrau des US-amerikanischen Talkshow-Hosts Jimmy Kimmel, vor ein paar Jahren bekannte, Mütter wünschten sich zu Muttertag vor allem, für einen Tag einfach mal ihre Ruhe zu haben – ich gebe es zu, da sprach sie mir aus der Seele. Wir befanden uns mitten in der Coronapandemie, das ewige Homeschooling hatte meine Nerven auf Hundertstelmilimeterstärke heruntergerockt, ich war einfach durch. Ich hätte alles dafür gegeben, mich mit einem Buch aufs Sofa zurückzuziehen und ein Schild davor aufzustellen: „Heute geschlossen!“ Inzwischen fühle ich aber mit Wehmut, dass unsere Kinder mit fast zwölf dem Karottenscheiben-in-Herzen-Schnitzen langsam entwachsen. Diesen Muttertag werde ich deshalb umso bewusster genießen. Und vielleicht gibt es ja auch wieder einen Gutschein: Einmal Chaos in der Küche beseitigen.

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Theresa Schäfer (42) ist Mutter von Zwillingen. Der geballten Power und argumentativen Logik von zwei Elfjährigen steht sie oft staunend und manchmal völlig geplättet gegenüber.