Der Esslinger Bahnhofsvorplatz und sein Umfeld stehen immer wieder in der Kritik. Wie die Bürgerinnen und Bürger darüber denken, wo sie Handlungsbedarf sehen und welche Ideen sie haben, wird am 16. Mai in der „Redaktion vor Ort“ unserer Zeitung gefragt.

Die Situation am Esslinger Bahnhof und in seinem Umfeld wird seit Jahren heiß diskutiert. Viele finden den Bahnhofsvorplatz allzu trist. Andere beklagen, dass ihr Sicherheitsgefühl dort gelitten habe und wünschen sich mehr Präsenz von Stadt und Polizei. Wieder andere monieren, dass in Sachen Verkehrsplanung noch viel Luft nach oben sei. Und die jüngsten städtebaulichen Entwicklungen in Richtung Weststadt und Berliner Straße finden auch nicht nur Beifall. Die Gemeinschaftsredaktion von Eßlinger Zeitung, Stuttgart Zeitung und Stuttgarter Nachrichten möchte die Bürgerinnen und Bürger zu Wort kommen lassen. In einer „Redaktion vor Ort“ wollen Chefredakteur Johannes M. Fischer und sein Team am Donnerstag, 16. Mai, von 15 bis 18 Uhr auf dem Bahnhofsvorplatz erfahren, wie die Esslingerinnen und Esslinger das Bahnhofsquartier beurteilen, wo sie Handlungsbedarf sehen und welche Wünsche sie haben.

 

Unbefriedigendes Entree

2014 hatte die Stadt mit einem neuen Zentralen Omnibusbahnhof (ZOB) und einem grundlegend umgestalteten Bahnhofsvorplatz neue Akzente gesetzt. „Seit der Fertigstellung gibt es Diskussionen zur Gestaltung des Platzes und seines Umfeldes“, hat die Stadtverwaltung unlängst in einer Sitzungsvorlage für den Gemeinderat notiert, um sodann zahlreiche Mängel aufzulisten. Die „Dominanz der angrenzenden Verkehrsfunktionen“ wird von der Stadt als Manko ebenso genannt wie eingeschränkte Sichtachsen durch bauliche Elemente wie das WC-Gebäude. Eine unklare Wegeführung und verstellte Bewegungsachsen sorgen für eine eingeschränkte Orientierung, Bewegungsflächen bieten wenig Angebote zum Aufenthalt, dem Platz fehle eine klare Identität, um seinem Image als Entree zur Stadt gerecht zu werden. Gestaltung und Ausstattung der Platzbereiche und des Umfeldes seien ergänzungsbedürftig, gerade im Sommer mache sich das Fehlen von Begrünungs- und Beschattungselementen auch mit Blick auf die Klimaanpassung immer stärker bemerkbar. Außerdem seien die angrenzenden Erdgeschosszonen „wenig publikumswirksam“.

Weil man im Rathaus den Handlungsbedarf nicht nur bei der Gestaltung des Platzes und seines Umfelds sieht, sondern auch mit Blick auf Sicherheit und Sauberkeit, wurde im Herbst 2022 ein Projektteam gegründet, dessen Aufgabe es ist, das Bahnhofsquartier zu einem „urbanen Raum für alle“ zu entwickeln. Das OB-Büro, die Stabsstelle Mobilität, das Citymanagement, das Amt für Soziales, Integration und Sport, das Ordnungsamt, das Stadtplanungsamt, das Tiefbauamt und das Grünflächenamt arbeiten zusammen. Institutionen wie der Jugendgemeinderat, die Polizei oder die Freie Wohlfahrtspflege sind ebenfalls dabei. Erste Weichen für die weitere Entwicklung des Bahnhofsquartiers wurden gestellt. Ein mobiles „grünes Zimmer“ setzt in der Sommerzeit Farbtupfer und tut dem Stadtklima gut. „Die Stadtoase wurde gut angenommen, jedoch gab es bei der Nutzung leider auch soziale Probleme“, resümiert die Verwaltung.

Was ist noch zu tun?

Doch reicht das aus, was die Stadt bislang geplant hat? Sehen die Bürgerinnen und Bürger darüber hinaus weiteren Handlungsbedarf? Und wie bewerten sie die städtebauliche Entwicklung des Bahnhofsquartiers – etwa mit Blick auf Weststadt, Qbus oder Berliner Straße? Ein Thema dürfte auch sein, ob der Bahnhofsvorplatz auch in Zukunft vor allem als „Transitraum“ verstanden wird, der Bahnhof und ZOB, Weststadt und Innenstadt miteinander verbindet. Oder ob der Platz doch stärker bespielt und damit lebendiger und bunter werden könnte.

Doch da hegt man im Rathaus Zweifel. „Der Bahnhofsplatz ist weder von der Strom- und Wasserinfrastruktur her als klassische Eventlocation geeignet, noch von der Nettofläche, die sich nach Abzug aller Restriktionen wie Feuerwehr-Durchfahrten, Flucht- und Rettungswege etc. ergibt“, heißt es in besagter Sitzungsvorlage. Zudem komme der Platz wegen fehlender Aufenthaltsqualität „nur sehr begrenzt für Veranstaltungsformate in Frage, die oftmals eine solche Qualität benötigen, um zu funktionieren und das wirtschaftliche Risiko, das die Beschicker und Akteure eingehen müssen, zu rechtfertigen.“ Denkbar seien „einfache Angebote wie Fahrgeschäfte, Zucker- und Mandelstände“. Aber vielleicht haben die Esslingerinnen und Esslinger ja ganz eigene, neue Ideen für das Bahnhofsquartier, die sie in unserer „Redaktion vor Ort“ der Stadt gerne ins Stammbuch schreiben wollen. Unser Redaktionsteam ist schon sehr gespannt auf viele Vorschläge, Einschätzungen und Ideen.

Pläne für das Bahnhofsquartier

Attraktivität
 Um das Esslinger Bahnhofsquartier attraktiver zu gestalten, plant die Stadt eine bessere Beschilderung, konsumfreie Sitzgelegenheiten, weniger störendes Parken und gestalterische Maßnahmen, um den bislang reichlich trist wirkenden Bahnhofsvorplatz aufzuwerten. Die Möglichkeiten einer intensiveren Begrünung sind nach Einschätzung der Bauverwaltung allerdings beschränkt, weil im Untergrund Leitungen und Überreste eines ehemaligen Gaswerks tiefer gehende Maßnahmen einschränken. Auch der Gedanke, den Bahnhofsvorplatz stärker als bisher zu bespielen, stößt nach Einschätzung der Stadt an Grenzen.

Sicherheit und Sauberkeit
Die Stadt will künftig enger mit der Bahn zusammenarbeiten. Dazu gehört unter anderem, dass der kommunale Ordnungsdienst auch im Bahnhof selbst Hausrecht erhalten soll, damit zum Beispiel das städtische Alkoholverbot auch dort durchgesetzt werden kann, was bisher nicht der Fall war. Außerdem sollen eine freundlichere Farbgestaltung, ein verbessertes Beleuchtungskonzept, häufigere Reinigung und eine Notrufsäule das Sicherheits- und Sauberkeitsgefühl der Menschen, die den Bahnhofsbereich nutzen, so weit wie möglich verbessern helfen.

Mobile Wache
Mit einer mobilen Wache möchte der kommunale Ordnungsdienst an besonders exponierten Tageszeiten verstärkt Präsenz zeigen. Zusätzliches Personal ist vorerst nicht geplant – dafür werden die Einsatzpläne entsprechend angepasst.

Soziale Arbeit
Die Evangelische Gesellschaft (Eva) übernimmt die soziale Betreuung im Bahnhofsbereich. In einem Container wird eine „warme Stube“ für Menschen am Rande der Gesellschaft eingerichtet.