Rückenschwimmen, spezielles Krafttraining oder Pilates: Um ihre Rückenschmerzen zu lindern, versuchen Menschen vieles. Eine Studie aus Australien kommt zum Ergebnis, dass schon einfaches Spazieren sehr gut helfen kann.

Wochenend-Magazin: Markus Brauer (mb)

Gerade erst waren die Rückenschmerzen besser geworden, da zwickt es schon wieder im Kreuz: Solche Rückfälle werden viel seltener, wenn die Menschen ausreichend zu Fuß unterwegs sind. Das legt eine australische Studie nahe, die im Fachjournal „The Lancet“ vorgestellt wird.

 
Gegen Kopfschmerzen & Co können Schmerzmittel kurzfristig helfen. Bei chronischem Schmerz ist aber Vorsicht angesagt. Foto: dpa/Franziska Gabbert

Bewegungstraining gegen Schmerzen im unteren Rücken

Für die Analyse begleitete das Team um Natasha Pocovi von der Macquarie Universität in Sydney 701 unsportliche Erwachsene, die jüngst unspezifische Schmerzen im unteren Rücken hatten, sich nun aber besser fühlten. Eine Hälfte bekam ein Spaziergeh-Programm verordnet, die Kontrollgruppe hingegen keine Aufgaben.

Die Orientierungsgröße für das Bewegungsprogramm lautete: an fünf Tagen pro Woche mindestens 30 Minuten gehen. Physiotherapeuten leiteten die Teilnehmer an und schnitten das Laufprogramm individuell zu.

Wer sich nach einem solchen Plan bewegte, hatte im Schnitt nach 208 Tagen erneut so schlimme Kreuzschmerzen, dass der Alltag eingeschränkt werden musste. Wer zur Kontrollgruppe gehörte, erlebte das schon nach 112 Tagen. Die Teilnehmer mit Laufprogramm lebten also durchschnittlich fast doppelt so lange ohne solche Schmerzen, wie Co-Autor Mark Hancock erklärt. Auch hätten sie insgesamt seltener Schmerzen gehabt.

Mediziner empfehlen Menschen mit Rückenschmerzen schon seit Langem, sich regelmäßig zu bewegen und Sport zu treiben. Foto: dpa/Marcus Brandt

Gehen ist kostengünstig und einfach

„Wir wissen nicht genau, warum Gehen so gut für die Vorbeugung von Rückenschmerzen ist“, betont Hancock. „Wahrscheinlich ist es eine Kombination aus den sanften Schwingungsbewegungen, der Belastung und Stärkung der Wirbelsäulenstrukturen und -muskeln, der Entspannung und dem Stressabbau sowie der Ausschüttung von Wohlfühl-Endorphinen.“

Mediziner empfehlen Menschen mit Rückenschmerzen schon seit Langem, sich regelmäßig zu bewegen und Sport zu treiben. Doch nicht alle Menschen hätten das Geld, die Zeit oder den Zugang zu Trainingsprogrammen, hebt Erstautorin Natasha Pocovi hervor. „Gehen ist eine kostengünstige, leicht zugängliche und einfache Übung.“

AOK: Jeder dritte Bundesbürger leidet an Rückenbeschwerden

Die Forscher hoffen, dass ihre Ergebnisse möglichst vielen Menschen auf der Welt helfen können. Schließlich gebe es weltweit mehr als 600 Millionen Menschen mit Kreuzschmerzen.

Nach Angaben des „AOK-Gesundheitsatlas Rückenschmerzen“ litt fast jeder dritte Mensch in Deutschland 2021 unter derart starken Rückenschmerzen, dass deswegen eine Arztpraxis aufgesucht wurde. In der Auswertung waren auch Nackenschmerzen eingeschlossen.

Schmerzen haben wichtige Warnfunktion

Schmerzen haben eine wichtige Warn- und Signalfunktion: Sie machen aufmerksam auf vorübergehende Gesundheitsstörungen. Wenn akute Schmerzen immer wiederkehren und über längere Zeit andauern, handelt es sich um chronische Schmerzzustände.

Nach Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft leiden in Deutschland schätzungsweise 8 bis 16 Millionen Menschen unter chronischen Schmerzen. Viele Patienten werden aber nur mangelhaft oder gar nicht behandelt.

Wie Schmerzen behandelt werden

Arzneimittel stellen die klassische Behandlungsmethode bei Schmerzen dar. Medikamente gegen Schmerzen bezeichnet man auch als Analgetika. Dabei werden verschiedene Substanzklassen mit unterschiedlichem Wirkgrad und Nebenwirkungen eingesetzt:

  • Nicht-Opioid-Analgetika: Hierzu gehören beispielsweise Acetylsalicylsäure (ASS), Diclofenac, Paracetamol oder Ibuprofen (wirkt schmerzdämpfend, entzündungshemmend und fiebersenkend).
  • Opioid-Analgetika Opioid-Analgetika werden in stark wirksame Mittel (beispielsweise Oxycodon, Pethidin, Hydromorphon, Fentanyl, Buprenorphin, Morphin oder Piritramid) und schwach wirksame Opioide ( wie zum Beispiel Tramadol, Tilidin oder Codein) unterschieden.
  • Adjuvante Analgetika: Diese „Hilfsmedikamente“ werden bei einer Schmerztherapie begleitend und ergänzend eingesetzt und sollen die Schmerzursache beeinflussen. Hierzu gehören Antidepressiva (wie etwa Amitriptylin), Neuroleptika (Psychopharmaka, die eine sedierende – das heißt beruhigende und dämpfende – sowie antipsychotische – also den Realitätsverlust bekämpfende – Wirkung besitzen) und Antikonvulsiva (Arzneimittel zur Behandlung von epileptischen Anfällen wie zum Beispiel Pregabalin sowie Carbamazepin oder Gabapentin).
Auch wenn man viele Schmerzmittel rezeptfrei kaufen kann, sind sie nicht harmlos. Ohne ärztlichen Rat sollten sie nicht regelmäßig eingenommen werden. Foto: dpa/Christin Klose

Schmerzskala zur Einordnung der Beschwerden

Der behandelnde Arzt muss die Schmerzstärke vor Therapiebeginn richtig einschätzen. Dafür gibt es sogenannte Schmerzskalen – wie die Visuelle Analog Skala (VAS) –, welche zur Erfassung und Dokumentation von Schmerzen dienen. Der Patient kann sein Schmerzempfinden mit Hilfe einer Richterskala von 0 bis 10 (0 = keine Schmerzen; 10 = stärkste vorstellbare Schmerzen) selbst messen.

Wichtig ist zudem die regelmäßige Kontrolle, um die Medikamentendosis optimal anzupassen. Der Patient erhält die Arzneien nach einem festen Zeitschema, um so für einen gleichmäßigen Blutspiegel und eine kontinuierliche Schmerzfreiheit zu sorgen.

Stufenschema: Drei Stufen der Schmerztherapie

Die Weltgesundheitsorganisation WHO in Genf hat ursprünglich für die Tumortherapie ein dreistufiges Schema – das sogenannte WHO-Drei-Stufenschema, englisch: WHO-Analgesic-Ladder – entwickelt, nach dem Ärzte chronische Schmerzen behandeln sollen. Dieses Schema unterscheidet zwischen leichten, mittelstarken und starken bis sehr starken Schmerzen.

  • Stufe 1: Bei leichten Schmerzen Einsatz von nicht-opioiden Analgetika und Hilfsmedikamenten.
  • Stufe 2: Bei mittelstarken Schmerzen Einsatz schwacher Opioide, eventuell zusätzlich Nicht-Opioid-Analgetika und Hilfsmedikamente.
  • Stufe 3: Bei starken Schmerzen Einsatz von starken Opioiden, zusätzlich eventuell Nicht-Opioid-Analgetika und Hilfsmedikamente.
Sorgsamer Umgang: Schmerzmittel sollten allerdings nicht zur täglichen Gewohnheit werden. Foto: dpa/Christin Klose

Schmerzmittel und Abhängigkeit

Nach Aussage von Schmerzmedizinern macht die Einnahme von Opioiden – bei richtiger Anwendung und Dosierung – nicht zwangsläufig süchtig. Am Ende der Behandlung wird die Dosis ausgeschlichen und langsam verringert, damit sich der Organismus an die Umstellung gewöhnen kann.