Die Topermittlerin in Sachen Cum-Ex gibt ihren Posten auf. Das kommt einem Armutszeugnis für Justiz und Politik gleich, meint Redakteur Thomas Magenheim.

Das Wort Paukenschlag wird bisweilen überstrapaziert. In diesem Fall trifft es aber zu. Deutschlands wohl angesehenste Strafermittlerin in Sachen Finanzkriminalität gibt 50-jährig ihren sicheren und gut dotieren Beamtenjob auf, weil ihr Gerechtigkeitssinn es verlangt. Sie hat viele einst mächtige Steuerkriminelle vor den Kadi gezerrt und für ihre Verurteilung gesorgt. Aber sie hat auch miterlebt, wie Ermittlern politisch Knüppel zwischen die Beine geworfen werden oder es versucht wird. Sie weiß, dass sich Kollegen anderer deutscher Staatsanwaltschaften beim Kampf gegen reiche Steuerhinterzieher oder mit der Politik verbandelte Landesbanken totstellen oder zur Tatenlosigkeit verdammt sind. Anne Brorhilker will das ändern. Weil das als Oberstaatsanwältin nicht funktioniert, quittiert sie ihren Staatsjob.

 

Anmutung einer Bananenrepublik

Persönlich ist das honorig. Aber es wirft auch ein bedenkliches Schlaglicht auf das Wechselspiel von Justiz, Politik und Vermögenden im Land. Hier ähnelt Deutschland einer Bananenrepublik. Gerecht geht es im Umgang mit Finanzkriminellen nicht zu. Schlimmer wird das ausgerechnet in dem Maße, in dem die Summen steigen, um die es geht. Das rüttelt am demokratischen Verständnis. Es ist Wasser auf die Mühlen derer, die Deutschland im Griff sich bereichernder Eliten wähnen und deshalb gleich den ganzen Staat demontieren wollen.

Es sind keine abgehobenen Themen, um die es ihr geht, hat Brorhilker zum Abschied gesagt. Das stimmt ohne Zweifel. Es geht um Gerechtigkeitsempfinden und damit einen Grundpfeiler gesellschaftlichen Zusammenhalts. Der bröckelt und zerbröselt, wenn sich bei der Verfolgung Finanzkrimineller nichts ändert. Brorhilkers Schritt ist ein Weckruf. In einem Rechtsstaat muss er Gehör finden.