Vorab hatte Fritz Kuhn viele Fragen formuliert, bewusst wenig fertige Antworten vorgegeben. Wie es in Stuttgart 2030 aussehen könnte, diskutieren der Stuttgarter OB und die Stadträte bei einer Klausur im Ostalbkreis.

Stuttgart - OB Fritz Kuhn und der Gemeinderat wollen aus anderer Perspektive auf Stuttgarts Zukunft blicken – aus 84,5 Kilometer Entfernung von der Landeshauptstadt, Luftlinie gemessen. An diesem Freitagmittag starten sie zu einer Klausursitzung in Stimpfach-Rechenberg im Ostalbkreis, nicht weit von der Grenze zu Bayern. „Vision Stuttgart 2030“ lautet der Titel der Veranstaltung in einem Hotel, das passenderweise Rössle heißt. Wenn alles gut geht, könnte am Samstagnachmittag ein breiter Konsens darüber bestehen, wie die Verhältnisse in Stuttgart in 13 Jahren sein dürften – und welche Handlungsfelder sich daraus ergeben. Welche Maßnahmen das erfordert, wird wohl erst in den nächsten Jahren herausgearbeitet und mit (Kampf-)Abstimmungen geklärt.

 

Kurz vor der Abfahrt rief die CDU in Erinnerung, dass die Klausur die Spätfolge eines CDU-Antrags sei. 2015 hatten Philipp Hill und Fraktionschef Alexander Kotz schon einmal gefragt, wo die Grenzen des Wachstums in Stuttgart sind und wie viel mehr als die derzeit rund 610 000 Einwohner die Stadt verkraften kann. Diese Grundfrage ist auch in einem Positionspapier enthalten, das der OB den Stadträten vorab servierte und das bewusst vor allem Fragen enthält. Eine genaue Tausenderzahl erwartet sich aber auch die CDU nicht von der Klausur – höchstens Erkenntnisse darüber, ob eher schwaches Wachstum, Nullwachstum oder leichte Kraft zurück angeraten wäre. „Eine Handlungsmaxime“, verspricht sich Kotz von der Klausur, vielleicht sogar eine „geistige Klammer“ für die Arbeit der Fraktionen. Martin Körner (SPD) fände es geradezu abwegig, eine Obergrenze von beispielsweise 650 000 oder 680 000 Einwohner anpeilen zu wollen: „Wir können doch keine Mauer um Stuttgart ziehen.“ Er hoffe, dass der regionale Gedanke eine Wiedergeburt erlebt. Körner und Kotz freuten sich auf die Klausur, Andreas Winter (Grüne) auch, man könne hier „jenseits des Alltagsgeschäfts mal grundsätzlicher an die Dinge herangehen, Schnittmengen mit anderen Fraktionen ausloten“.

Nachgedacht wird auch über die Zukunft der Autoindustrie

Der OB skizzierte seine Vorstellung von Stuttgarts Entwicklung, formulierte klärungsbedürftige Punkte und „herausragende Fragestellungen“. Neben dem Bevölkerungswachstum sind das etwa Flächenpolitik, Mobilität, Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes oder die Frage, welche Kulturprojekte man will und wie dringlich. Einige Bojen hat Kuhn für sich schon gesetzt: Die Kulturhauptstadt dürfe sich nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen. Dass 50 Prozent der Stadtfläche nicht besiedelt sind, ist für ihn etwas „Bewahrenswertes“. Gleichwohl will er darüber reden, ob man auch wieder auf dem Acker bauen muss, um gegen das „größte soziale Problem“, den Mangel an bezahlbarem Wohnraum, vorzugehen, oder ob man das Grün behaupten muss, um dem Klimawandel vorzubeugen. Dem Verkehr will er „mehr urbane Räume“ abtrotzen und eine Stadt fördern, die mehr zum Verweilen als zum Durchrauschen einlädt. Er plädiert für eine nachhaltige Metropole mit selbstbewussten Stadtteilen. Natürlich tauchen in dem Papier auch Standardthemen auf wie Luftqualität und Finanzbedarf für den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Nicht zu vergessen die Frage, ob im Zentrum der Autoindustrie der Umstieg vom Verbrennungsmotor zum E-Mobil gelingt – und zwar so, dass diese Industrie das Kraftzentrum der hiesigen Wirtschaft bleibt.

Moderieren wird Antje Grobe (Firma Dialog Basis), die sich im Beteiligungsprozess zur Villa Berg empfohlen hatte. Auch deshalb scheinen zahlreichen Teilnehmern die Voraussetzungen recht günstig zu sein, dass es nicht wieder eine so "chaotische" Klausurtagung„chaotische“ Klausurtagung gibt wie 2014, die alle frustrierte.