In ihrem neuen Film „Der Kongress“ ist Robin Wright eine 44-jährige Schauspierin, die wegen ihres Alters keine guten Rollen mehr bekommt. Im wahren Leben macht Wright diesen Jugendwahn nicht mit. Im StZ-Interview sagt sie, warum sie gerne älter wird.

Hollywood – - Die amerikanische Schauspielerin Robin Wright steht nicht gern im Rampenlicht, auch nach mehr als 30 Berufsjahren hat sie sich nicht daran gewöhnt. Zum Interview mit Bettina Aust in Cannes erscheint sie ganz unglamourös, in Jeans, Lederjacke und Turnschuhen. Die kurzen Jahre, die sie neuerdings trägt, stehen ihr.
Frau Wright, in Ihrem neuen Film „Der Kongress“ spielen Sie eine 44 Jahre alte Schauspielerin, deren Karriere zu Ende geht. Sie sind jetzt 47. Was sagen Sie zum Zustand Ihrer eigenen Karriere?
Sie macht auch mit kurzen Haaren eine gute Figur. Foto: Getty
Ich kann mich glücklich schätzen. Genau aus dem Grund, den dieser Film ja behandelt. Es heißt ja, wenn du erst mal 44 bist, bist du erledigt, weil du zu alt bist. Du bist kein Megastar geworden, du hast es nicht geschafft. Du gehst nicht regelmäßig zu Botoxpartys, um dir das Zeug unter die Haut spritzen zu lassen wie viele meiner Kolleginnen, die das regelmäßig tun. Aber ich habe in den vergangenen fünf Jahren mehr Filme gedreht als je zuvor. Früher habe ich im Schnitt nur einen gemacht, weil ich mich um meine Kinder kümmern wollte. Und ich bekomme immer noch Angebote, anspruchsvolle Rollen. Ich klopfe jetzt mal schnell auf Holz, dass das so bleibt . . .
Im Film geht es auch um die Sehnsucht, für immer jung zu sein. Obwohl es beruflich großartig für Sie zu laufen scheint, denken Sie denn nicht manchmal: Ach, es wäre doch schön, noch einmal 20 zu sein?
Nein. Sie könnten mir noch so viel Geld anbieten, aber ich möchte nie wieder 20 sein. Das war doch damals ein echter Albtraum! Viel zu anstrengend. Die vielen Tränen und der ständige Selbstzweifel: Ich konnte mich selbst nicht ausstehen und dachte natürlich auch, dass alle anderen mich hassen. Nein, vielen Dank, das möchte ich nicht noch einmal erleben! Ich finde es sehr viel besser an, älter zu sein.
Aber spüren Sie in Hollywood mit seinem Jugendkult nicht doch manchmal den Druck, für immer jung aussehen zu müssen?
Ich mache mir Sorgen, dass sich das Publikum irgendwann an diese gelifteten Gesichter gewöhnt hat. Denn sollten die Zuschauer Falten nicht mehr sehen wollen und sich bei deren Anblick unwohl fühlen, dann bekommen Leute wie ich keine Rollen mehr. Und damit meine ich Schauspieler, die sich nicht im Gesicht herum schneiden lassen wollen.
Das, was Sie eben beschrieben haben, geschieht doch bereits. Viele ältere Schauspielerinnen, die nicht das Glück einer Meryl Streep haben, werden nur noch selten bis gar nicht besetzt.
Es ist furchtbar, ich weiß. Ich bete dafür, weiter arbeiten zu dürfen und in Würde zu altern.
Wie kann es sein, dass der schöne Schein heute mehr wert ist als der Inhalt eines Films?
Es ist traurig. Es geht nur noch um Äußerlichkeiten, weil das ganze Filmgeschäft eine einzige große Werbeindustrie geworden ist. Und die Menschen wünschen sich, prominent zu sein. Sie ziehen sich täglich all diesen Müll über Schauspieler rein. Es ist wie eine Droge: Wer ist ihr neuer Liebhaber? Was machen sie? Oh, mein Gott, sie gehen schwimmen, einkaufen und bohren sich in der Nase! Aus irgendeinem Grund fasziniert das die Leute, und wir sind wie Tiere in einem Zoo. Wenn es um das Aussehen der Schauspieler geht, funktioniert es wie ein Geschäft, nach den Gesetzen des Marktes. Es ist wie ein Werkzeug, das man benutzt. All die jungen Schauspielerinnen müssen sich diesem Regime unterwerfen, und sie werden, sobald sie auf der Bildfläche erscheinen, in Schubladen gesteckt. Und nach diesem Muster ist Jennifer Lawrence natürlich die neue naive Blondine, um die sich im Moment alles dreht.
Andererseits gibt es inzwischen viele sehr hochwertige Fernsehserien.
Deswegen wenden sich auch immer mehr Schauspieler dem Fernsehen zu. Die Leute dort arbeiten mit tollen Drehbüchern und bieten einem unglaubliche Rollen an. Gerade beim Kabelfernsehen in den USA gibt es auch nicht die Einschränkungen, die wir bei Kinofilmen haben. Ich denke gerade an „ House of Cards“, eine Serie über die Intrigen im amerikanischen Politikbetrieb, in der ich mitspiele und die der Anbieter „Netflix“ im Internet zeigt.