Abgeschirmt von der Öffentlichkeit, ganz im Stillen, hat Bob Dylan seinen Literaturnobelpreis am Samstag bekommen. Für die Jury geht damit eine peinliche monatelange Hängepartie zu Ende.

Stockholm - Alles musste ganz geheim bleiben. Als der Songschreiber Bob Dylan mit fünf Monaten Verspätung den Literaturnobelpreis entgegennimmt, geschieht das am Samstag hinter verschlossenen Türen. Weder mit dem Ort noch mit dem Zeitpunkt durfte die Schwedische Akademie, die ihm den Preis zuerkannt hatte, vorher herausrücken. So hatte sich der Rocksänger das gewünscht. Presse? Bloß nicht! Nur Mitglieder der Jury und Dylan selbst sind bei dem Treffen in Stockholm dabei, und heraus dringt zunächst nur die Bestätigung eines Jurymitglieds gegenüber dem TV-Sender SVT.

 

So hatte sich das die altehrwürdige Nobelpreis-Jury ganz sicher nicht gedacht. In der Akademie dürften es einige inzwischen bereut haben, den Preis an den berühmten Rockstar vergeben zu haben. Vermutlich hatten die Literaturexperten gehofft, ein wenig von Glanz und Berühmtheit des US-Amerikaners könnte auf das Gremium abstrahlen, als sie ihn im Oktober zum Preisträger kürten.

In den vergangenen Jahren hatten der breiten Öffentlichkeit eher unbekannte Preisträger wie der französische Schriftsteller Patrick Modiano (2014) und die Weißrussin Swetlana Alexijewitsch (2015) nicht für sonderlich viel Publicity gesorgt.

Rockstar lässt Nobelpreis-Jury wochenlang zappeln

Doch der Rockstar schlug die Jury, selbst Meister des Hinhaltens und der Geheimniskrämerei, mit ihren eigenen Waffen. Erst ließ er sie wochenlang zappeln, dann sagte er ihnen für die Preisverleihung im Dezember ab und verriet bis vor wenigen Tagen nicht einmal, ob er bei seinen Konzert-Auftritten in Stockholm an diesem Wochenende denn auch den Nobelpreis abholen würde.

Der Jury blieb derweil nichts anderes übrig, als beharrlich klarzustellen: Für uns ist Dylan Preisträger 2016, für seine „poetischen Neuschöpfungen in der großen amerikanischen Songtradition“, egal, wie die Geschichte nun ausgeht.

Als der Star sich endlich rührte, waren einige Jury-Mitglieder wohl mindestens erleichtert - und andere völlig aus dem Häuschen. Akademie-Chefin Sara Danius gerierte sich wie ein aufgeregter Fan, als sie in ihrem Blog postete: „Auf die Plätze, fertig los. Wir machen uns fertig, um auf Dylans Konzerte zu gehen.“ Dazu stellte sie ein Bild von sich, strahlend im T-Shirt mit Dylan-Konterfei und der Aufschrift „Literatur 2016“. Ob für die Preisträger der letzten Jahre wohl auch solche T-Shirts entworfen wurden?

Für diese und andere Fragen rund um Dylan ist der Sprecher der Akademie in den Tagen vor der Preisverleihung nicht erreichbar.

Unklar blieb zunächst deshalb auch, was mit der traditionellen Nobelvorlesung ist. Die Vorlesung oder Rede sollen alle Preisträger innerhalb eines halben Jahres nach der offiziellen Verleihung am 10. Dezember entweder persönlich halten oder etwa per Video einreichen, um Preisgeld, Medaille und Urkunde behalten zu dürfen.

Im Fall Dylan schrieb Danius dazu nur in ihrem Blog: „Die Akademie hat Grund zu der Annahme, dass eine aufgenommene Version zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werden wird.“