Spannender als jeder Krimi verläuft die Anhörung des geschassten FBI-Chefs im US-Senat. Der Beamte wirkt entschlossen, US-Präsident Trump die Stirn zu bieten. Dabei zeigt der ehemalige Top-Beamte aber auch, wie abgebrüht er ist.

Stuttgart - Der erste Aufschlag dauert gerade einmal vier Minuten. Regungslos hat James Comey hinter seinem Pult in einem Sitzungssaal des Kongresses das Blitzlichtgewitter der Fotografen über sich ergehen lassen. Als ihm nach der Vereidigung endlich das Wort erteilt wird, sagt der ehemalige FBI-Chef nur wenige Worte. Die aber leiten eine mehrstündige Anhörung ein, die es an Spannung mit jedem Politthriller aufnehmen könnte.

 

Es geht um einen egomanischen Präsidenten, um autokratische Gelüste, falsche Fährten und gezielte Intrigen. Und um einen in seiner Ehre verletzten Karrierebeamten, der nun sein eigenes Spiel spielt. „Als ich 2013 für zehn Jahre zum FBI-Chef ernannt wurde, wusste ich, dass ich vom Wohlwollen des Präsidenten abhängig bin“, eröffnet Comey lapidar seine Ausführungen. Am Vortag schon hat er eine siebenseitige Erklärung veröffentlicht, in der er minutiös seine Begegnungen mit Donald Trump schildert. In der Einleitung vor dem Geheimdienstausschuss konzentriert er sich nun auf den Tag seines Rauswurfs.

„Das waren Lügen, glatte Lügen“

Als ihn Trump am 9. Mai sang- und klanglos feuerte, sei er dennoch verstört gewesen, berichtet Comey: „Das machte keinen Sinn für mich.“ Schließlich habe Trump ihm vorher mehrfach versichert, er mache gute Arbeit. Endgültig wütend wurde der Spitzenbeamte dann, als Trump behauptete, das FBI sei in einem schlechten Zustand. „Das waren Lügen, glatte Lügen“, kontert Comey nun frontal.

Damit ist die Gefechtslage zwischen Trump und Comey klar. Der Präsident hat den Ex-FBI-Chef zuletzt als „durchgeknallten Spinner“ bezeichnet und ihm nach Mafia-Art mit der Veröffentlichung geheimer Gesprächsmitschnitte gedroht. „Ach Gottchen, ich hoffe, es gibt solche Bänder“, sagt Comey nun. „Ich bin nicht böse darüber. Er soll sie veröffentlichen!“

Zwar hält sich Trump auf dringenden Rat seiner Anwälte während der Anhörung mit öffentlichen Äußerungen zurück. Dafür liefert sein Sohn Donald Trump jr. auf Twitter eine Live-Kommentierung, in der er Comey als charakterlosen, unzuverlässigen und verlogenen Gesellen beschimpft.

Eine unangenehme Dinner-Einladung

Dabei hatte der Kontakt zwischen dem Präsidenten und dem obersten Ermittler scheinbar freundlich begonnen. Am 27. Januar, so schildert es Comey, habe Trump persönlich mittags bei ihm angerufen und ihn zum Abendessen eingeladen. Der FBI-Boss sagte eine Verabredung mit seiner Frau ab („Im Rückblick hätte ich lieber mit meiner Frau gegessen.“) und befand sich bald alleine mit dem mächtigsten Mann der Welt im Grünen Raum des Weißen Hauses. Trump habe ihn gefragt, ob er seinen Job behalten wolle, berichtet Comey. Und dann habe der Präsident erklärt: „Ich brauche Loyalität. Ich erwarte Loyalität.“ Damals ermittelte das FBI wegen möglicher Russland-Verbindungen des Trump-Teams. Der Präsident wollte von Comey hören, ob gegen ihn persönlich ermittelt werde. Das war nicht der Fall.

Doch bei dem Gespräch gewann Comey den Eindruck, dass Trump von ihm eine Art Gefolgschaft erwartete. „Ich war besorgt“ erklärt er rückblickend. Weshalb? „Wegen der Art unseres Treffens. Aber auch wegen seiner Person. Ich fürchtete, dass er über den Inhalt unseres Gespräches lügen könnte.“ Also fertigte Comey nach jeder seiner insgesamt neun Begegnungen mit Trump Gesprächsnotizen an. Diese Memos werden noch eine große Rolle spielen.

Comey ist nicht nur ein Opfer der Affäre

Zunächst aber suchte Trump am 14. Februar ein weiteres Mal das Vier-Augen-Gespräch. Nach einer Besprechung schickte Trump die übrigen Teilnehmer aus dem Oval Office und sprach Comey direkt auf seinen tags zuvor entlassenen Sicherheitsberater Michael Flynn an. Das FBI ermittelt gegen Flynn wegen seiner Russland-Kontakte. „Ich hoffe, Sie können das fallenlassen“, soll Trump gesagt haben: „Er ist ein guter Kerl.“ Comey empfand das als Versuch einer Anweisung. Niemals habe Trump eine solche Order ausgegeben, widerspricht dessen Anwalt. Zweimal noch meldete sich Trump telefonisch im März und April bei Comey, um nachzufragen, ob „die Wolke“ der Russland-Ermittlungen endlich abziehe. Der FBI-Chef reagierte nicht. Einen Monat später war er gefeuert.

Doch Comey ist nicht nur Opfer der Affäre. Dafür ist der Zwei-Meter-Hüne viel zu abgebrüht. Ruhig berichtet er dem Ausschuss, dass er nach seiner Entlassung seine privaten Memos der „New York Times“ zuspielen ließ. Die Veröffentlichung, so erwartete er zurecht, würde die Einsetzung eines Sonderermittlers für die Russen-Verwicklung nach sich ziehen. Nun läuft also doch noch eine Untersuchung gegen Trump – nicht wegen der Moskau-Kontakte, sondern wegen möglicher Justizbehinderung. Das Thema dürfte Washington die nächsten Monate überschatten. Und die Frage, warum er die Mitschnitte der Gespräche nicht wie angedroht veröffentlicht, wird Trump auch beantworten müssen.