Unbekannte verwüsten in der Nacht auf Dienstag eine Metzgerei im Stuttgarter Westen und hinterlassen Parolen an Fassade und Gehweg. Der Verdacht fällt auf radikale Tierschützer. Inhaber Hans-Jürgen Kurz ist verärgert.

Digital Desk: Julia Hawener (jhw)

„Der erste Schock ist weg“, sagt Metzger Hans-Jürgen Kurz. Nun sei er vor allem genervt und verärgert. Denn in der Nacht zum Dienstag wurde sein Laden in der Kornbergstraße in Stuttgart-West verwüstet. Die noch unbekannten Täter beschmierten die Hauswand und den Gehweg vor der Filiale unter anderem mit den Parolen „Meat is Murder“, „Mord“ und dem Kürzel „ALF“. Die Ware im Verkaufsraum besprühten sie nach ersten Informationen der Polizei durch einen Schlitz mit Buttersäure und auch eine Glastür fiel den Unbekannten zum Opfer.

 

Unbekannte schmierten Parolen an die Hauswand und den Gehweg der Metzgerei. Foto: privat

Zwei seiner Mitarbeiter hätten direkt am Morgen die Verwüstung gesehen und gegen 6.30 Uhr die Polizei alarmiert, erzählt Hans-Jürgen Kurz. Die übel riechende Flüssigkeit im inneren des Ladens habe ein Polizist erst im Verlauf des Einsatzes bemerkt. „Ich hatte auch etwas Flüssigkeit gesehen, als ich beim Laden ankam, aber mir erst nichts dabei gedacht“, sagt der 55-Jährige. Auch darauf, was genau an die Fassade geschmiert wurde, habe er zunächst nicht geachtet.

Tierschützer für Buttersäure-Anschlag verantwortlich?

Erst später – als auch die Buttersäure an der Ware entdeckt wurde – habe er sich die Kritzeleien genauer angesehen und das Kürzel „ALF“ gegoogelt. „Da kommt man dann sehr schnell auf die Organisation.“ Damit meint der Metzgerei-Inhaber die weltweit aktive „Animal Liberation Front“, auf Deutsch Tierbefreiungsfront – eine dezentrale Gruppe der militanten Tierbefreiungsbewegung, die sich immer wieder zu Vandalismus-Attacken an Fleischerei-Betrieben oder anderen Einrichtungen bekennt. Der Vorwurf seitens der Aktivisten: Die Betriebe quälten Tiere.

Es erscheint für Metzgerei-Inhaber Kurz demnach plausibel, dass Tierschützer für den Anschlag auf seine Metzgerei verantwortlich sind. Noch seien das jedoch nur Spekulationen. Nachbarn, die im selben Haus und gegenüber der Metzgerei wohnen, hätten gegen zwei Uhr in der Nacht einen lauten Schlag gehört. Gesehen hätten sie aber nichts, berichtet Kurz. Laut einer Polizeisprecherin hat der Staatsschutz die Ermittlungen in dem Fall übernommen.

Metzger erhält Mails vor Angriff

Der Angriff auf seinen Laden kam laut Kurz total überraschend. Weder Drohungen noch Sonstiges habe er zuvor erhalten. „Im Januar diesen Jahres habe ich lediglich zwei Mails von Personen bekommen. Sie wollten wissen, wie ich dazu stehe, dass für mein Geschäft Tiere sterben müssen“, erinnert er sich. Reagiert habe er auf diese Nachrichten nicht. „Reden kann man mit solchen Leuten sowieso nicht“, sagt der 55-Jährige. „ Da ist der Fanatismus zu groß.“ Ob die Mails und der Angriff im Zusammenhang stehen könnten, könne er nicht sage. Aber es sei das erste Mal in seiner Zeit als Metzger gewesen, dass er solche Nachrichten erhalten habe.

Die Feuerwehr reinigt ausgiebig den Außenbereich. Foto: privat

Kurz’ Metzgerei ist nun vorübergehen geschlossen. „Wir hoffen, dass wir am Montag wieder öffnen können“, sagt der Inhaber. 150 Kilo Ware wurden indessen entsorgt, die Schmierereien entfernt und alles ausgiebig gereinigt. Der beißende Geruch im Verkaufsraum lässt sich jedoch nicht so schnell vertreiben – auch wenn Messungen der Feuerwehr keine kritischen Werte mehr ergeben haben.

Die Betriebsschließung miteinberechnet, schätzt der Besitzer den entstandenen Schaden auf bis zu 30.000 Euro. „Die Produkte ersetzt uns niemand und auch für die Betriebsschließung erhalten wir keine Entschädigung, da wir nicht behördlich geschlossen wurden“, erklärt er.

Kurz: „Es gibt immer Fanatiker, man ist vor so etwas nie gefeit“

Der Metzger betreibt neben der Filiale in Stuttgart den Hauptbetrieb in Köngen. Ob auch dieser zum Ziel der unbekannten Täter werden könnte, kann Kurz nicht ausschließen. „Es gibt immer Fanatiker, man ist vor so etwas also nie gefeit“, sagt er. Allerdings habe er den Eindruck, dass solche Vorfälle im ländlichen Raum seltener vorkommen. Besondere Vorkehrungen treffe er also erst mal nicht, unter anderem auch deshalb nicht, weil „die Filiale in Köngen bereits gut von Kameras überwacht wird“.