Im Steinzeitmuseum in Korb erzählt eine Sonderausstellung vom Schicksal von Albert Ellwanger, Ernst Kauffmann und Reinhold Schanbacher aus der Remstalgemeinde, die als Kriegsgefangene in den USA waren. „Korb – Afrika – Amerika“ ist bis zum 12. Mai zu sehen.

Eine Fotografie dokumentiert die Ankunft der Kriegsgefangenen im Camp Joseph T. Robinson in Arkansas in den Vereinigten Staaten. Auf einer anderen sitzen viele Männer eng beieinander an langen Tischen beim Essen in der „Mess Hall“, und noch ein anderes Foto zeigt vier Kriegsgefangene bei sportlichen Aktivitäten. So ähnlich müssen es auch Albert Ellwanger, Ernst Kauffmann und Reinhold Schanbacher aus Korb erlebt haben, die als „POW“ – Prisoners of War – rund drei Jahre in amerikanischen Lagern verbrachten. Ihre Geschichte erzählt eine Sonderausstellung im Steinzeitmuseum in der Schulstraße 11 in Korb.

 

Berichte von Rückkehrern aus russischer Kriegsgefangenschaft gibt es reichlich, und viele wissen auch, dass es in Frankreich und England Lager für deutsche Soldaten gab. „Wenigen ist jedoch bekannt, dass auch deutsche Soldaten als Kriegsgefangene in den USA waren“, sagte Jürgen Klotz, der Vorsitzende des Vereins Der Remstaler – Numismatik und Landesgeschichte. Tatsächlich seien mehr als 400 000 Wehrmachtssoldaten in rund 150 Gefangenenlager in den ganzen USA inhaftiert gewesen. Die Sonderausstellung „Korb – Afrika – Amerika“, die am Freitag eröffnet wurde, beleuchtet dieses bislang recht unerforschte Kapitel der deutsch-amerikanischen Geschichte.

Die Männer aus Korb waren Mitglieder im Deutschen Afrikakorps

Alles begann mit einem kleinen Vermerk, den Cora-Constanze Sommerey vom Verein Der Remstaler auf der Sterbeurkunde ihres Großonkels Hans entdeckte: „Verstorben am 6. September 1945 in Oakfield, Genesee, New York, USA.“ Selbst seine engsten Verwandten konnten ihr nicht viel mehr erzählen, als dass Großonkel Hans als Kriegsgefangener nach Amerika gebracht worden war. Die Neugier von Cora-Constanze Sommerey war geweckt. Sie begann nachzuforschen, ob es auch Männer aus Korb gab, die dieses Schicksal erlitten hatten – und stieß auf Albert Ellwanger, Ernst Kauffmann und Reinhold Schanbacher, die alle nicht mehr am Leben sind. „Das kleine Tagebuch von Ernst Kauffmann war bei meinen Recherchen eine große Hilfe“, sagte Cora-Constanze Sommerey.

18 Jahre alt waren die drei Korber, als sie im Dezember 1940 gemustert wurden. 1941 wurden sie eingezogen, und gehörten 1942 zum Deutschen Afrikakorps. Sie sollten in Nordafrika die italienischen Verbündeten vor einer Niederlage gegen die britischen Truppen bewahren. Als auch amerikanische Soldaten dort landeten und mitkämpften, kapitulierten im Mai 1943 die deutschen und italienischen Armeen in Tunesien. Unter den 150 000 Deutschen, die von den Alliierten gefangen genommen wurden, waren auch Albert Ellwanger, Ernst Kauffmann und Reinhold Schanbacher, die erst im Juli 1946 aus der Gefangenschaft zurückkehrten.

Erdnussbutter, Cornflakes und Mais sind kulinarisches Neuland

Nach kurzen Zwischenstationen in britischen Lagern in Tunesien wurden die deutschen Kriegsgefangenen auf Bitten der Briten von den Amerikanern per Schiff – einem Liberty-Frachter, der sonst amerikanische Truppen und Nachschub nach Europa transportierte – in die USA gebracht. Ellwanger erreichte New York im Juli 1943. Kauffmann und Schanbacher landeten im September.

Ein Blick auf das Kriegsgefangenenlager Camp Joseph T. Robinson in Arkansas. Foto: Arkansas State Archiv

Albert Ellwanger kam in das POW-Camp Campbell in Kentucky, Ernst Kauffmann und Reinhold Schanbacher landeten im Camp Joseph T. Robinson in Arkansas. Die Behandlung deutscher Kriegsgefangener sei strikt entsprechend der Genfer Konvention erfolgt, erzählte Cora-Constanze Sommerey. „In der Hoffnung, dass Deutschland seinerseits die amerikanischen Kriegsgefangenen entsprechend behandelt.“ Unterbringung und Verpflegung der Deutschen seien wie bei den eigenen Soldaten gewesen, so Sommerey. Kauffmann habe in seinem Tagebuch das Essen jedenfalls als gut und reichlich bezeichnet. „Allerdings sind Erdnussbutter, Cornflakes und Mais für die deutschen Gefangenen Neuland.“ Doch es habe morgens echten Bohnenkaffee gegeben und zu Weihnachten gebratene Pute. Die Zeit vertrieben sich die deutschen Kriegsgefangenen mit Kartenspiel, Werkeln, Sport oder Kinoabenden. „Western und Actionfilme waren bei den Gefangenen sehr beliebt“, sagte Cora-Constanze Sommerey. Sogar eine eigene Lagerzeitung, „Der Robinson“, habe es im Camp gegeben: „Die Zeitung war zweisprachig und es standen neben informativen Berichten über die USA lustige Begebenheiten, Witze und Denksportaufgaben drin.“ Auch Unterricht wurde im Camp angeboten, und am häufigsten wurde die englische Sprache gelernt.

Heimatkundliche Vereine brauchen Netzwerke

Die Zusammenarbeit mit dem Verein Steinzeitmuseum Kleinheppach Archäologie und Heimatkunde für die Sonderausstellung, die noch bis 12. Mai zu sehen ist, sei kein Zufall, sagte Jürgen Klotz. Immer weniger Menschen seien bereit, sich zu engagieren, und zudem sei der Altersdurchschnitt in den Vereinen oftmals sehr hoch. „Der Steinzeitverein und wir haben früh erkannt, dass wir, und auch andere heimatkundliche Vereine, sich mehr vernetzen und Synergie nutzen müssen.“ In Korb und Kleinheppach, betonte Klotz, sei man auf dem richtigen und auch einem zukunftsfähigen Weg.